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Digitalisierungsbezogene Professionalisierung in der Lehrerbildung der Universität Trier

TRIGITALpro

Zusammenfassung

Digitalisierung ist ein Arbeitsschwerpunkt von besonderer Bedeutung für die Lehrerbildung. An der Universität Trier wird Digitalisierung als Teil der Universitätsentwicklung verstanden. Ziel ist die digital gestützte Erweiterung von Lehrräumen und -zeiten, Betreuungs- und Kommunikationsformen sowie die abgestimmte Integration von analogen und digitalen Elementen in die Präsenzlehre. Lehramtsstudierende sollen als Schlüsselakteure für die digitale Transformation in ihrem künftigen Tätigkeitsfeld nicht nur Wissen und Können über digitale Bildungskonzepte erwerben und reflektieren, sondern als Multiplikatoren in die Schulen tragen und die Digitale Schule verantwortlich mitgestalten.

Das Projekt Trigitalpro zielt darauf, Digitalisierung in der Lehrerbildung zu etablieren, damit Studierende digitale Bildung als unverzichtbares Element des eigenen Professionalierungsprozesses begreifen. Dies wird durch eine digitale Weiterentwicklung bestehender Beratungs- und Förderangebote erreicht. Weiterhin sollen Lehrangebote zu vier ausgewählten Querschnittsthemen entstehen, die entscheidende Auswirkungen der Digitalisierung in unterschiedlichen gesellschaftlichen Handlungsfeldern thematisieren und die Notwendigkeit einer transdisziplinären Ausrichtung und Vernetzung der Lehrerbildung zwischen den Bildungswissenschaften, Fachwissenschaften und Fachdidaktiken markieren. Neben dem Pflichtmodul Medienbildung, werden zu den Querschnittsthemen Bildung für nachhaltige Entwicklung, Demokratiebildung sowie Berufliche Orientierung Lehrangebote konzipiert, die als Wahlpflichtmodule curricular eingebunden sind. Zuletzt umfasst Trigitalpro umfasst ein Forschungsprogramm, das auf der Basis eines quantitativ angelegten Monitorings und komplementärer qualitativer Erhebungen die Entwicklung professions- und digitalisierungsbezogener Kompetenzen und Haltungen Studierender untersucht.

Struktur und Organisation (Arbeitsbereiche)

Übergeordnetes Ziel des Projekts ist eine signifikante Steigerung der Qualität der Lehrerbildung an der Universität Trier. Eingebunden in die Digitalisierungsstrategie der Universität und aufbauend auf vorhandenen Angeboten und bisherigen Erfahrungen aus digitalgestützter Lehre und Forschung verfolgt das Projekt Trigitalpro das Ziel, die Lehrerbildung im Handlungsfeld Digitalisierung innovativ und zukunftsfähig weiterzuentwickeln. In den drei Bereichen des Lehramtsstudiums Beratung, Lehre und Forschung sollen sowohl digitalisierungsbezogene Instrumente entwickelt, eingesetzt und evaluiert werden, als auch Digitalisierung selbst zum Gegenstand in Lehre und Forschung werden.

Arbeitsfeld 01: Beratung Trigitalpro

AF 01 umfasst drei AP, die digitalisierungsbezogene Kompetenzen vermitteln, Digitalisierung als Instrument nutzen und die digitalisierungsbezogene Professionalisierung reflektieren.

[AP 01a] Digitalgestützte Weiterentwicklung der studienbegleitenden Informations- und Beratungsformate des ZfL: Aufbauend und ergänzend zur etablierten face-to-face-Beratung wird das vorhandene Informations- und Beratungsangebot digital weiterentwickelt und evaluiert, um den Studierenden über eine niedrigschwellig zugängliche, zugleich aber individualisierte Beratung, selbstgesteuertes Lernen zu ermöglichen. Neben sozialen Netzwerken werden kollaborative Settings, problemorientierte moderierte Chat-Gruppen und Video-Tutorials entwickelt. Digitalisierung bietet hier die Chance, stärker und früher als bisher für Fragen der Passung von Beruf und Person zu sensibilisieren, insbesondere an markanten Übergängen.

[AP 01b] E-Portfolio Trigitalpro: Die Reflexion der hier und später auch in AF 02 initiierten digitali­sierungs­bezogenen Lernprozesse wird über ein E-Portfolio unterstützt. Über dieses Lernsetting soll der individuelle Kompetenzerwerb dokumentiert, in kollaborativen Peer-Formaten diskutiert und zugleich die Kohärenz und Vernetzung digitalisierungsbezogener Studieninhalte in den Lehrveranstaltungen aus AF 02 sowie den Praktika deutlicher werden. Konzeption und Umsetzung des E-Portfolios verfolgen das Ziel, die interdisziplinären Studieninhalte, analoge und digitale Lernkontexte sowie Theorie- und Praxisphasen systematisch reflexiv zu vernetzen.

[AP 01c] Multiplikatoren-Förderprogramm „Digital Leadership“: Komplementär zu den Lehrangeboten für alle Lehramtsstudierenden im AF 02 werden hier besonders gestaltungsmotivierte Studierende in Digital Leadership gefördert, um später als Multiplikator*innen die Schul- und Unterrichtsentwicklung im Bereich Digitalisierung voranzubringen. Damit wird die Expertise im ZfL zu Leadership als Profilmerkmal der Trierer Lehrerbildung aufgegriffen und auf Digitalisierung ausgeweitet. Studierende und – in Kooperation mit zwei Studienseminaren – Referendar*innen mit Dispositionen für Leadership werden in diesem phasenübergreifenden Teilprojekt gefördert: hierzu kommen digitalbasierte Diagnosesettings (z.B. KPSM, BIP) und Reflexions­instrumente zur Anwendung. Digitalisierung wird als Lern­gegenstand zentral in einem Enrichment-Curriculum implementiert, um den Teilnehmer*innen Kompetenzen zum Potenzial von Digitalisierung in den Bereichen Unterrichtsentwicklung, Schulent­wicklung, -management, kollaboratives Arbeiten (auch in multiprofessionellen Teams) zu vermitteln. Zudem werden im Rahmen der bestehenden Kooperation mit dem Zentrum für Schulleitung und Personalführung am PL hierzu Fortbildungsmodule entwickelt.

Arbeitsfeld 02: Lehre Trigitalpro

Das Projekt Trigitalpro entwickelt, aufbauend auf dem seit 2017 angebotenen Zusatzzertifikat „Leben und Lernen in der digitalen Gesellschaft“, Module zu Querschnittsthemen, die den Erwerb der geforderten digitalisierungsbezogenen Kompetenzen gewährleisten.

[AP 02a] Medienbildung: Professionelles Handeln im Kontext der Digitalisierung erfordert medienpädagogische, fachdidaktische und informatorische Kompetenzen, die einen kritischen, didaktisch fundierten und kreativen Umgang mit Informationen sowie ihre Transformation in digitale Medien ermöglichen. Das Projekt entwickelt hierzu das bestehende Zertifikat auf Basis des Kompetenzmodells systematisch weiter. Es entstehen im Pflichtbereich elf Bausteine, die Basiskompetenzen vermitteln. Mit Blick auf die höheren Kompetenzstufen ist die Entwicklung eines Bausteins zu „Informatorischer Kompetenz“ vorgesehen. Hierbei gilt es Lehrer*innen zu befähigen, neben der Anwendung auch digitale Entwicklungskompetenzen (algorithmisches Denken) zu vermitteln.

[AP 02b] Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE): Studierende aller Fächer werden im Rahmen des Moduls mit dem Leitbild der nachhaltigen Entwicklung vertraut gemacht und in die Lage versetzt, mit entsprechenden Konzepten zu arbeiten und den Beitrag ihres Faches zu BNE zu reflektieren. Fähigkeiten zum vernetzten und systemischen Lernen werden so gefördert. Das Modul knüpft an vorhandene Angebote wie das Zertifikat „Bildung – Transformation – Nachhaltigkeit“ am Campus Landau an. Im Rahmen von Trigitalpro wird darüber hinaus ein verstärkter Bezug auf digitalisierungsbezogene Kompetenzen hergestellt, indem sich die Studierenden mit verfügbaren digitalen Lernmaterialien zu BNE auseinandersetzen, etwa mit Reflectories ( www.reflectories.de ), Angeboten des Portals Globales Lernen ( www.globaleslernen.de ) oder des Projekts „Klimawandel findet Stadt“ ( www.klimawandel-findet-stadt.de ). Die Nutzung dieser digital gestützten Lerngelegenheiten ermöglicht ein individuelles Lernmanagement durch Educational Data Mining und Learning Analytics (vgl. Engagement Global 2018) sowie einen intensiven Austausch der jeweiligen Fachperspektiven. Schließlich können Studierende die Potenziale maschineller Prognosen reflektieren und erkennen, dass Digitalisierungsprozesse auch eine Herausforderung hinsichtlich der Manipulierung von Informationen darstellen. Im Fortgang entwickeln die Studierenden eigene OER im Kontext von BNE.

[AP 02c] Demokratiebildung: Vor dem Hintergrund der Digitalisierung mit ihren ambivalenten Folgen für politische Teilhabe und gesellschaftliche Entwicklungen hat die KMK 2018 ihre bisherigen Empfehlungen zur Demokratie- und Menschenrechtsbildung erneut bekräftigt und ausdifferenziert (KMK 2018). Auch in Rheinland-Pfalz wird die Demokratiebildung 2019 als zentrale Entwicklungsaufgabe in Schule und Lehrerbildung gestärkt (Hubig 2019). Das Trigitalpro-Modul „Demokratiebildung“ ermöglicht allen Lehramtsstudierenden eine verbindliche und durch Beteiligung von Fachwissenschaften, Bildungswissenschaften, Fachdidaktiken und externen Akteuren (u.a. DeGeDe, Bündnis „Demokratie gewinnt!“) fundierte Auseinandersetzung mit Grundlagen und Praxisformen der Demokratiebildung. Im Vergleich zu bestehenden Angeboten (vgl. u.a. Bertelsmann Stiftung 2018) erweitert es diese erstmals systematisch um epistemische, demokratietheoretische und ethische Implikationen der Digitalisierung mit ihren radikalen Auswirkungen auf demokratische Gesellschaften und politische Partizipation (u.a. liquid democracy, E-Partizipation, digital gap, Fake News, Echokammern, Bots).

[AP 02d] Berufliche Orientierung: Die berufliche Orientierung Jugendlicher stellt vor dem Hintergrund der Digitalisierung von Arbeit und Beruf eine komplexe Herausforderung für den Einzelnen wie für die Bildungsinstitutionen dar (van Ackeren et al. 2019: 11; Erziehung und Wissenschaft 4/2016). Sie zählt deshalb in Rheinland-Pfalz zu den zentralen Querschnittsthemen schulischer Bildung (KMK 2017: 17). Veränderungen der Ausbildungsberufe und der akademischen Berufe aufgrund der Digitalisierung nehmen bislang in der Lehrerbildung nur bedingt einen Stellenwert ein (Borchers et al. 2017); auch Informationen über Nutzungsmöglichkeiten digitaler Medien als Instrumente zur beruflichen Orientierung werden nur begrenzt vermittelt. Am Standort Trier tritt die spezifische Dimension einer grenzüberschreitenden Berufsorientierung hinzu, die in Kooperation mit den Bildungsinstitutionen, Ausbildungsbetrieben und Hochschulen in der Grenzregion gestärkt wird.

Arbeitsfeld 03: Forschung Trigitalpro

Arbeitsfeld 03 umfasst ein Forschungsprogramm, das auf der Basis eines quantitativ angelegten Monitorings und komplementärer qualitativer Erhebungen die Entwicklung digitalisierungsbezogener Kompetenzen Studierender unter Bezug auf das im Strategiepapier der KMK (2016) dargestellte Kompetenzmodell und den TPACK-Ansatz (Endberg & Lorenz 2017) untersucht. Die Arbeitsfelder „Beratung“ und „Lehre“ werden durch dieses längsschnittliche Monitoring flankiert. Angestrebt wird eine vielschichtige Betrachtung und Instrumentierung, die etwa die Bearbeitung folgender Themen im Rahmen von Dissertationsvorhaben ermöglicht:

  • Entwicklung digitalisierungsbezogener Kompetenzen, technischer Skills und Einstellungen im Verlauf des Lehramtsstudiums;
  • Effekte der Implementationen in den Arbeitsfeldern 01 und 02 auf digitalisierungsbezogene Kompetenzen, Skills und Einstellungen;
  • Hinweise aus der Bestandsaufnahme digitalisierungsbezogener Kompetenzen bzw. der Betrachtung ihrer Entwicklung für Qualifizierungs- und Weiterbildungsdesiderate.

[AP 03a] Im Rahmen des Monitorings werden Lehramtsstudierende zu drei bis vier Haupterhebungszeitpunkten (über die gesamte Projektlaufzeit hinweg) online befragt bzw. getestet zu digitalisierungsbezogenen Vorerfahrungen und Kompetenzen sowie ICT literacy, Mediennutzungsverhalten, unterrichtsbezogenen Kompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Einstellungen gegenüber digitalen Medien und der Digitalisierung der Lebensumwelt. Zu diesen Merkmalen liegen bereits einige Instrumente vor (ICILS: Gerick et. al. 2018; NEPS: Senkbeil, Ihme & Wittwer 2013). Um für die Kompetenzentwicklung bedeutsame Rand- bzw. Gelingensbedingungen zu identifizieren, werden neben soziodemographischen und studienbezogenen Variablen auch personale Charakteristika, wie etwa Studienmotivation, Selbstwirksamkeitserwartung und lehr-lern-bezogene Überzeugungen, erhoben.

[AP 03b] Das quantitative Monitoring steht in enger Verzahnung zu explorativ-interpretativen Studien, die digitalisierungsbezogene Dimensionen der Professionalisierung u.a. im Rückgriff auf den biographischen Ansatz der Professionalisierung (Terhart 2011) untersuchen. Im Sinne einer begleitenden Validierung der quantitativen Messinstrumente zu digitalisierungsbezogenen Überzeugungen wird die Frage untersucht, inwiefern Lerngelegenheiten in den Querschnittsthemen zu einer Veränderung von Überzeugungen beitragen können. Dazu wird im Rahmen von Einzelfallstudien über problemzentrierte Interviews (Witzel & Reiter 2012) rekonstruiert, inwiefern die Entwicklung digitalisierungsbezogener Kompetenzen durch die Querschnittsthemen und ihre pädagogische und didaktische Inszenierung bedingt ist.

Für alle drei Arbeitsfelder wird ein virtueller Lernraum etabliert, der Funktionalitäten aus den Bereichen Learning Management, soziale Netzwerke, Online-Besprechungen und Content Management vereint. Insbesondere ermöglicht er die Durchführung virtueller Sprechstunden und Meetings sowie die Erstellung von E-Portfolios mittels der Software Mahara.

Zur Implementierung des virtuellen Lernraums werden bewährte E-Infrastrukturen der Universität Trier zielgerichtet weiterentwickelt. Ausgangspunkt ist eine eigenständige (Neu-)Installation des Learning-Management-Systems Stud.IP, das als modulares Open-Source Produkt im Rahmen des Projekts Trigitalpro bedarfsspezifisch skaliert wird. Nur so kann die für das Projekt notwendige neue, an der Universität Trier bisher nicht vorhandene Funktionalität flexibel und modular angeboten werden. Ein nachhaltiger Betrieb ist über bestehende Wartungs- und Supportstrukturen gewährleistet und garantiert die flexible Einbindung aller beteiligten Partner.