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Fachtag „Total normal?! Psychosoziale Bedingungen von Schüler*innen – Prävention und Intervention“

In den letzten Jahren hat die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Lern- und Verhaltensstörungen kontinuierlich zugenommen. Um die Kenntnisse und die Auseinandersetzung mit psychosozialen Auffälligkeiten von Schüler*innen zu stärken, haben das Zentrum für Lehrerbildung der Philipps-Universität Marburg und das Staatliche Schulamt Marburg-Biedenkopf am 20.02.2020 den Fachtag „Total normal?!“ angeboten.

„Es ist normal, verschieden zu sein!“– Prof. Dr. Katja Becker, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, in ihrem Vortrag über „Psychische Erkrankungen bei Schüler
„Es ist normal, verschieden zu sein!“– Prof. Dr. Katja Becker, Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg, in ihrem Vortrag über „Psychische Erkrankungen bei Schülerinnen und Schülern“. © ProPraxis, Marburg

Der Erwerb von Wissen über psychosoziale Auffälligkeiten von Schüler*innen, das Erkennen von Anzeichen und den Umgang damit in der Schule sind wesentlich für die schulische Arbeit und das Lernen der Schüler*innen. Das Zentrum für Lehrerbildung (ZfL) der Philipps-Universität Marburg hat im Rahmen des QLB geförderten Projekts ProPraxis in Kooperation mit dem Staatlichen Schulamt für den Landkreis Marburg-Biedenkopf am 20.02.2020 einen Fachtag mit dem Titel „Total normal?! Psychosoziale Bedingungen von Schüler*innen - Prävention und Intervention“ durchgeführt. Mit mehr als 250 Anmeldungen stieß dieser auf eine ausgesprochen große Resonanz. Sie spiegelt das hohe Interesse am Themenkomplex Heterogenität und psychosoziale Auffälligkeiten im Kindes- und Jugendalter und den entsprechenden Bedarf der Lehrer*innen sowie des pädagogischen und psychologischen Personals an Schulen wider. Die Prävalenz psychosozialer Probleme im Kindes- und Jugendalter wird aktuell auf ca. 25% geschätzt. Die Schüler*innen bringen ihre Fragen und Herausforderungen mit in die Schulen und stellen die Lehrer*innen vor die Aufgabe, auch unter diesen Bedingungen Lernen und Entwicklung zu fördern.

Der Fachtag thematisierte sowohl die Frage, was „normale“ und was abweichende psychosoziale Bedingungen bei Kindern und Jugendlichen sind als auch die Auseinandersetzung mit spezifischen Diagnostiken und ihren Konsequenzen für die Schulpraxis. In zwei Plenarvorträgen und zehn Workshops haben Expert*innen aus der Philipps-Universität, dem Bereich der Schulpsychologie am Staatlichen Schulamt Marburg sowie der psychologischen Praxis unterschiedliche Themen vertieft und mit den Teilnehmenden diskutiert.

Nach Grußworten von Dr. Jost Stellmacher (Fachbereich Psychologie der Philipps-Universität Marburg) sowie Frau Gesche Herrler-Heycke (Stellvertretende Leiterin des Staatlichen Schulamtes des Landkreises Marburg-Biedenkopf) folgte zunächst eine inhaltliche Einführung in den Themenkomplex psychosozialer Auffälligkeiten durch Frau Prof. Dr. Katja Becker (Direktorin der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Universitätsklinikum Gießen und Marburg). In ihrem Fachvortrag zum Thema „Psychische Erkrankungen bei Schülerinnen und Schülern“ ging sie sowohl auf unterschiedliche psychische Erkrankungen wie ADHS und Essstörungen als auch auf Schulvermeidung und suizidales Verhalten bei Kindern und Jugendlichen ein. Ein zentrales Anliegen war ihr, die Thematik zu enttabuisieren und einen entstigmatisierenden Umgang mit psychischen Erkrankungen in der Gesellschaft zu fördern. Anschließend konnten die Teilnehmer*innen in Workshops zu den Themen Leistungsmotivation, Angststörung, Mediensucht, Depression und Förderung von Resilienz vielfältige Impulse, Anregungen und Umgangsstrategien erwerben. Dabei bestand die Möglichkeit, eigene „Fälle“ aus der Schulpraxis in die Workshops einzubringen.

Im Zentrum der zweiten Workshop-Phase am Nachmittag standen Strategien zum Umgang mit ADHS, die Diagnostik und Förderung hochbegabter „Underachiever“, das Empowerment lesbischer, schwuler, bisexueller, transgender, queerer, intersexueller und asexueller (LSBTQIA*) Schüler*innen sowie die Beschulung kranker Schüler*innen. Teilnehmende des Workshops „Was ist ETEP?“ wurden in das gleichnamige Programm eingeführt. Es stellt konkrete Hilfen und Werkzeuge bereit, um den Entwicklungsstand der Kinder und Jugendlichen zu diagnostizieren, daraus individuelle Förderziele und Maßnahmen (in der Unterrichtsgestaltung und Verhaltenssteuerung) abzuleiten sowie den Fortschritt zu evaluieren. Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein Impuls zum Nachteilsausgleich bei psychischen Beeinträchtigungen von Schüler*innen von Peter Kühne (Schulpsychologe, Staatliches Schulamt Marburg-Biedenkopf).

Die Veranstaltung spiegelt auch die intensive Zusammenarbeit des Zentrums für Lehrerbildung der Philipps-Universität Marburg und des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis Marburg-Biedenkopf im Bereich der Fortbildung für Lehrer*innen wider. Die Zusammenarbeit umfasst ebenso aktuelle Querschnittsthemen als auch fachliche Themen.

Autorinnen: Asja Lengler,Claudia Silberberg,Carola Meyer