Digitalisierung in der Lehrkräftebildung
Der Umgang mit digitalen Medien in Schule und Unterricht erhielt nicht nur durch eine zusätzliche Förderlinie, sondern insbesondere durch die Herausforderungen in der Corona-Pandemie eine zentrale Bedeutung. Das Querschnittsthema spielte in nahezu allen Projekten der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" eine wichtige Rolle.
Schülerinnen und Schüler wachsen heute selbstverständlich mit digitalen Medien auf. Für Lehrkräfte erwächst daraus die Herausforderung und Chance, Kinder und Jugendliche dabei zu unterstützen, mit diesen Medien kompetent, zielgerichtet und verantwortungsvoll umzugehen. Um dieser Aufgabe gewachsen zu sein, müssen sie selbst in Studium und Weiterbildung einen kritisch-reflexiven Umgang, die inhaltlichen und technischen Grenzen und die kreative Nutzung von digitalen Medien erfahren. Diese Erfahrungen sind die grundlegende Voraussetzung, um modernen Unterricht gestalten und relevantes Wissen an Schülerinnen und Schüler weitergeben zu können. Digitale Medien können im Unterricht ergänzend zu anderen Methoden zur Wissensvermittlung und als Lernwerkzeuge eingesetzt werden.
Der Lehrkräftebildung kommt daher die wesentliche Aufgabe zu, die zukünftige Generation von Lehrerinnen und Lehrern zu befähigen, Kommunikations- und Informationstechnologien zu verwenden, aber auch deren Grenzen und Risiken einzuschätzen und den richtigen Umgang zu vermitteln.
Um Lehrkräfte bei dieser Aufgabe zu unterstützen, setzten die Projekte der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" innovative und zukunftsweisende Maßnahmen zur Digitalisierung in allen Phasen der Lehrkräftebildung um. Ab 2020 wurde die "Digitalisierung in der Lehrerbildung“ zu einem der Schwerpunkte der zusätzlichen Förderrunde der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung".
Digitale Lernkontexte in der Lehrkräftebildung
Zahlreiche Projekte der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" entwickelten digital unterstützte Lehr-Lern-Konzepte, die in der Lehramtsausbildung und Lehrkräftefortbildung erprobt, integriert und auf ihre Wirksamkeit hin untersucht wurden. Ein Beispiel dafür ist das Projekt CODIP der Leuphana Universität Lüneburg (Competencies for Digitally-Enhanced Individualized Practice. Hier wurden Lehrkonzepte in den Unterrichtsfächern Deutsch, Englisch, Mathematik, Musik und Sport entwickelt, implementiert, evaluiert und verstetigt. Die entwickelten Lehr-Lern-Konzepte fanden Eingang in die Curricula und sind als Open Educational Resources (OER) aufbereitet auf dem OER-Portal des Landes Niedersachsen "twillo" verfügbar.
Die Projekte der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" nutzen die Möglichkeiten der Digitalisierung für eine gezielte und systematische Verknüpfung von verschiedenen Theorie- und Praxisbezügen sowie für eine phasen- und institutionenübergreifende Verzahnung der Lehramtsausbildung. Zur Begleitung und Reflexion von Praxisphasen wurden beispielsweise elektronische Tagebücher für Studierende eingerichtet, zu denen Kommilitonen oder Ausbilder gezielt Feedback geben können, wie das "e-Portfolio p:ier" des Projekts "Schnittstellen gestalten" an der Universität Bremen.
Elektronische Assessments, Lernstandserhebungen, Feedback- und Reflexionsinstrumente wurden erprobt und zukunftsweisende Technologien erforscht: Mit Eye-Trackern analysierten beispielsweise die Projektmitglieder von U.EDU an der Rheinland-Pfälzische Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) Blickbewegungen, um das Lese- und Lernverhalten zu untersuchen. Digitale Schulbücher, die sich den subjektiven Kompetenzen und Bedürfnisse der Lernenden anpassen, sollen individuelles Lernen ermöglichen.
Besondere Chancen zur Verbesserung der Unterrichtsqualität und der Lehrkräfteprofessionalität birgt beispielsweise der Einsatz von Videos. Sie bieten die Möglichkeit, Unterrichtsabläufe digital zu konservieren und sie mehrfach sowie aus unterschiedlichen Perspektiven zu analysieren. Der Blick auf die gefilmte Schulwirklichkeit verbindet die unterschiedlichen Sichtweisen der einzelnen Disziplinen der Lehrkräftebildung. Zugleich lernen die Studierenden, Unterrichtsprozesse in ihren unterschiedlichen Dimensionen zu erfassen, in theoretische Zusammenhänge einzuordnen und professionell zu planen. Im Rahmen der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" entstand im Projekt "Dealing with Diversity" das Meta-Videoportal der Universität Münster. Inzwischen beteiligen sich neun weitere QLB-Projekte an diesem Portal.
Neben unzähligen OER entstand in Nordrhein-Westfalen ein Netzwerk aller zwölf Hochschulen mit Lehramtsausbildung, das Verbundprojekt "Communities of Practice NRW für eine Innovative Lehrerbildung (ComeIn)". In diesem Verbund kooperierten die Hochschulen eng mit Vertreterinnen und Vertretern der zweiten und dritten Phase der Lehrkräftebildung. In den Communities of Practice wurde die Expertise von unterschiedlichen Akteuren eingebracht und wechselseitige Lernprozesse angestoßen. In ComeIn arbeiteten unterschiedliche Institutionen gemeinsam an Konzepten und Maßnahmen zur systematischen Förderung von digitalisierungsbezogenen Kompetenzen von Lehrkräften.
Der Verbund „PraxisdigitaliS“ der Universität Leipzig und der TU Dresden entwickelte mit dem Katalog für digitalisierungsbezogene Kompetenzen DiKoLiS das Bindeglied zwischen dem KMK-Strategiepapier „Medienbildung und Digitalisierung in der Schule“ und der Lehrkräftebildung. Der Kompetenzkatalog umfasst die sieben Kompetenzbereiche, in denen Lehrkräfte gefordert werden, und formuliert daraus konkrete digitalisierungsbezogene Kompetenzen, die für das professionelle Handeln von Lehrkräften in der digitalisierten Welt erforderlich sind. Die einzelnen Bereiche des Katalogs werden theoretisch fundiert dargelegt und anhand von Beispielen aus der Schulpraxis in ihrer Relevanz begründet. Die Publikation enthält zudem einige Best-Practice-Beispiele aus dem Projekt „PraxisdigitaliS“.
Lehrkräftebildung zu Zeiten von Corona
Die Schulschließungen als Maßnahme in der Corona-Pandemie haben gezeigt, wie dringend Expertise im Unterrichten mit digitalen Medien benötigt wird. Das Schulnetzwerk des Projekts "Zukunftsstrategie Lehrer*innenbildung" an der Universität zu Köln hat deshalb zu Beginn der Pandemie die kostenfreie Fortbildung "eTeaching Expert" konzipiert. Das digitale Angebot zielte darauf ab, Lehrerinnen und Lehrer, Lehramtstudierende und Referendarinnen und Referendare zum eTeaching Expert auszubilden – ein Angebot, das sehr nachgefragt wurde und auch weiterhin nutzbar ist.
Manche Projekte haben Unterstützungsformate entwickelt, in denen Lehramtsstudierende Lehrerinnen und Lehrer während der schulbezogenen Corona-Maßnahmen in der digitalen Lehre unterstützt haben, wie zum Beispiel "#LernenVernetzt". Das Projekt wurde an der Leibniz School of Education konzipiert und kann – durch Kooperation mit dem Zentrum für Lehrerbildung der Christian-Albrechts-Universität Kiel – auch in Schleswig-Holstein angeboten werden.