Navigation und Service

-

Session 6: Lehrerbildung an Hochschulen als aktivierendes Moment in der Forschung?

Trotz der Erhöhung der Sichtbarkeit, die die Lehrkräftebildung erfahren hat, scheint es nach wie vor schwierig zu sein, die Fachwissenschaften nachhaltig für die Lehrkräftebildung zu gewinnen, vor allem mit Blick auf Forschungsvorhaben. Die Session diente dazu, sich darüber auszutauschen, wie sich seitens der QLB-Projekte Forschungsaktivitäten initiieren und unterstützen lassen, die fachwissenschaftlich attraktiv und im Kontext von Schule und Lehrkräftebildung thematisch anschlussfähig sind.

mehrere Personen diskutieren und pinnen Karteikarten an eine Metaplanwand
Die Projekte der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" tauschen sich darüber aus, wie forschungsorientierte Verschränkungsansätze von Fachwissenschaften, Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken gelingen können. © BMBF/Jan Konitzki

"Lehrerbildung an Hochschulen als aktivierendes Moment in der Forschung?" Der Zugang zur Beantwortung dieser Frage sollte über Themen versucht werden, die interdisziplinäres Potential aufweisen, und die an verschiedenen Standorten gemachten Erfahrungen mit forschungsorientierten Verschränkungsansätzen von Fachwissenschaften, Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken geteilt werden. Ziel war es, Herausforderungen zu thematisieren und Lösungsansätze zu diskutieren.

Die Session wurde von Prof. Dr. Michael Haus (heiEDUCATION 2.1, Universität Heidelberg und Heidelberg School of Education), Prof. Dr. Andreas Borowski (PSI-Potsdam, Universität Potsdam) und Dr. Kinga Golus (BiProfessional, Universität Bielefeld) geleitet. Dabei wurde zunächst in jeweils einer Präsentation eine spezifische Sicht auf die Thematik der Session entwickelt und anschließend in getrennten Diskussionsgruppen vertieft.

Von institutionalisierten Gräben zu institutionalisierten Brücken – Thesen zur Verschränkung von Fachwissenschaften und Fachdidaktiken

In der Präsentation von Michael Haus mit dem Titel "Von institutionalisierten Gräben zu institutionalisierten Brücken – Thesen zur Verschränkung von Fachwissenschaften und Fachdidaktiken" ging es um übergreifende Dynamiken in der Entwicklung von fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Diskursen. Aus der Sicht einer School of Education sowie des persönlichen fachlichen Zugangs als Politikwissenschaftler wurde das Ziel einer Verschränkung von Fachwissenschaften und Fachdidaktiken skizziert, die die etablierten Formen der Arbeitsteilung überschreitet und für beide Seiten produktiv ist.
Die voranschreitende Spezialisierung (nicht zuletzt verstanden als Methodenverfeinerung), die Einforderung "empirischer Evidenz" und die Internationalisierung wurden als zentrifugale Dynamiken dargestellt, denen die Aufwertung von Lehre und Bildung, die Rückbettung wissenschaftlicher Forschung in gesellschaftliche Diskurse und das Verständnis von Demokratie als kooperativer Problemlösung unter Beteiligung von Wissenschaft und Bildungseinrichtungen als zentripetale Kräfte gegenüberstehen.
Die Lehrkräftebildung könne eine Pionierrolle spielen, wenn neue Formate der Forschungsförderung etabliert, Hochschulen als Orte von Bildungserlebnissen vor allem auf der Grundlage forschungsbasierter, experimentell angelegter Lehre verstanden und Themen jenseits bildungswissenschaftlicher Zuschnitte platziert würden.

Präsentationsfolie
Startfolie der Präsentation von Michael Haus © Michael Haus

In der anschließenden Diskussion zeigte sich, dass die präsentierten Thesen starke Resonanz fanden und durch eigene Erfahrungen bestätigt wurden. Insbesondere drei Themenkomplexe traten dabei hervor: a) Forschung und Lehre müssen zusammengesehen werden – forschungsorientierte Lehrformate haben ein großes Potential für eine Verschränkung von Fachwissenschaften und Fachdidaktiken, b) in der Lehrkräftebildung sollten Berufskarrieren ermöglicht werden, die sich dauerhaft an der Grenze von schulischer Praxis und fachwissenschaftlicher Forschung bewegen, c) es gilt, Projekte zu entwickeln, die sowohl einen Praxisbezug im Bereich der Lehrkräftebildung aufweisen als auch anschlussfähig an fachwissenschaftliche Forschung sind.

Zum Verhältnis von Fachwissenschaft und Fachdidaktik am Beispiel der Philosophie

In der Präsentation "Zum Verhältnis von Fachwissenschaft und Fachdidaktik am Beispiel der Philosophie", die von Kinga Golus erstellt und kommentiert wurde, ging es thematisch darum, Fachdidaktik und Fachwissenschaften nicht als voneinander getrennte Bereiche zu deuten. Exemplarisch am Beispiel der Bielefelder Philosophiedidaktik wurde die These erörtert, inwiefern die Philosophie bereits ihre eigene Didaktik sei und welche Implikationen diese Perspektive auf eine produktive Zusammenarbeit der (scheinbar) getrennten Bereiche ermöglicht.

In der sich anschließenden Diskussion wurde unter anderem besprochen, ob es sich bei der Philosophie und ihrer Didaktik um einen "Spezialfall" handele, der nicht auf andere Fächer übertragbar sei. Wenn beispielsweise didaktische Elemente eines Faches gleichzeitig einen fachwissenschaftlichen Inhalt darstellen, ist eine Zusammenarbeit beider Bereiche eher möglich. Diese Perspektive bezieht sich keinesfalls nur auf die Philosophie. Somit ist es prinzipiell möglich, Brücken zwischen Fachwissenschaften und Fachdidaktiken zu bauen, sofern eine gemeinsame Fachsprache angewandt wird, die er ermöglicht, einen fachwissenschaftlichen Gegenstand gemeinsam zu untersuchen. Diese Brücken können als Anlass und gleichzeitig als Gegenstand  weiterführender Forschung gedeutet werden.

Fachwissen – eine Möglichkeit der Zusammenarbeit

Die Präsentation von Andreas Borowski thematisierte unter dem Titel "Fachwissen – eine Möglichkeit der Zusammenarbeit" verschiedene Best-Practice Projekte an der Universität Potsdam, bei denen Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler mit Fachdidaktikern bzw. Bildungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern zusammenarbeiten. Vorgestellt wurden untern anderem ein Projekt aus der Anglistik/Fachdidaktik Englisch (s. Link rechte Spalte), ein Verbundprojekt aus der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" (QLB) (Woehlecke et al. 2017) sowie ein Projekt zwischen der Informatik und den Bildungswissenschaften mit VR-Brillen (Wiepke et al., 2019).

Präsentationsfolie
Startfolie der Präsentation von Andreas Borowski © Andreas Borowski

Den Best-Practice Projekten ist gemein, dass die bearbeiteten Inhalte sowohl für die Fachwissenschaften als auch für die anderen Wissenschaften bedeutsam sind. Die Projekte werden gleichberechtigt durchgeführt und es kann von der Expertise der Partnerin/des Partners profitiert werden. Insgesamt kristallisiert sich in den Projekten heraus, dass die gemeinsame Beschäftigung mit fachlichen Inhalten einen möglichen positiven Einfluss auf die Zusammenarbeit haben könnte. Es stellt sich also die Frage, mit welchen Inhalten sich Fachwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in Forschung und Lehre beschäftigen und wie Fachdidaktikerinnen und -wissenschaftler beziehungsweise Bildungswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern dabei unterstützen können. Ziel muss es dabei sein, dass die Unterstützung gewinnbringend in Forschung und Lehre für alle sein kann.

Zukunftsrelevante Fragestellungen

Mit rund 50 Teilnehmenden bundesweiter Hochschulstandorte, welche sich durchgehend sehr aktiv in die Veranstaltung einbrachten, hat die Session eine erfreuliche Nachfrage gefunden. Die angesprochenen Fragen bleiben aus Sicht des Organisationsteams weiter relevant: Welche Konzepte helfen, Fachwissenschaften und Fachdidaktiken in Kontakt zu bringen? Inwiefern kann Lehrkräftebildung als Fokus für Aktivitäten wirken? Wie können Wissenschaftlerinnen und -wissenschaftler anderen Akteuren in Lehrkräftebildung und Schule so begegnen, dass letztere bereit sind, an Forschungsprojekten mitzuwirken?