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Projektvorstellung: Wie das saarländische Verbundprojekt "SaLUt" sprachlicher und kultureller Heterogenität begegnet : Datum:

Im saarländischen Verbundprojekt "SaLUt" erwerben Lehramtsstudierende Kompetenzen zum Umgang mit verschiedenen Facetten von Heterogenität und Inklusion. Nicole Schröder vom "Lehr-Lern-Atelier" und Dr. Linda Balzer von der "Lernwerkstatt Religion Plural" sprechen über die spezifischen Herausforderungen sprachlicher und kultureller Heterogenität und zeigen Lösungswege ihrer Teilprojekte auf.

Mithilfe einer Comic-App verbinden die Schülerinnen und Schüler im "Lehr-Lern-Atelier" Wortschatzarbeit und kreatives Gestalten und schaffen ihre eigenen digitalen Werbeplakate.
Mithilfe einer Comic-App verbinden die Schülerinnen und Schüler im "Lehr-Lern-Atelier" Wortschatzarbeit und kreatives Gestalten und schaffen ihre eigenen digitalen Werbeplakate. © Institut für Sprachen und Mehrsprachigkeit (ISM) Saarbrücken

Lehramtsstudierende und Lehrpersonen begegnen an Schulen einer vielfältigen Schülerschaft. Wie begegnen Ihre Lernwerkstätten im Projektverbund "SaLUt – Optimierung der saarländischen Lehrer/-innenausbildung: Förderung des Umgangs mit Heterogenität und Individualisierung im Unterricht“ dem Begriff Heterogenität?

Balzer: Die "Lernwerkstatt Religion Plural (LeRP)" ist im Projekt "SaLUt" Teil des Clusters Werteerziehung. Heterogenität wird in der Lernwerkstatt von den Studierenden inhaltlich assoziiert mit "religiöser und kultureller Vielfalt". Sie werden für diese Vielfalt während der gesamten Veranstaltung auf unterschiedliche Art und Weise sensibilisiert. Die Lernwerkstatt ermöglicht es ihnen, die unterschiedlichen Religionen und Kulturen zum Beispiel in natura – durch echte Begegnungen – kennenzulernen. Ihre persönlichen Erfahrungen, Empfindungen und Eindrücke spielen somit für Unterrichtsentwürfe eine entscheidende Rolle, damit sie diese Vielfalt effektiv berücksichtigen können.

Schröder: Sprachen sind von Natur aus heterogen und vielfältig, und so auch ihre Sprecherinnen und Sprecher. Viele Schülerinnen und Schüler bringen weitere Sprachen aus ihren Familien mit. Im "Lehr-Lern-Atelier" des Clusters Sprachen und Mehrsprachigkeit wollen wir mit unserem sprachenvernetzenden Ansatz im Fremdsprachenlernen Lernende ermutigen, ihr gesamtes sprachliches Repertoire, also Herkunfts-, Schul- und Fremdsprachen, zu nutzen, um sich fremdsprachliches Material zu erschließen. Wer mehrere Sprachen spricht, besitzt – oft unbewusst – schon gewisse Sprachlernstrategien. Diese bewusst zu machen, zu fördern und zu nutzen, ist der Leitgedanke unserer Forschung zur Mehrsprachigkeitsdidaktik.

Stehen Sie und Ihre Partnerschulen im Saarland vor regionalen Besonderheiten?

Schröder: Natürlich! Der saarländische Dialekt enthält viele französische Wörter, Ausdrücke und sogar grammatikalische Strukturen: Die Saarländerinnen und Saarländer "haben kalt, ils ont froid". Beim Thema Mehrsprachigkeit können wir uns die Nähe zu Frankreich zunutze machen. Auf politischer Ebene denken wir dabei die Ziele der saarländischen Frankreichstrategie und des Sprachenkonzepts mit. Dessen Ziel ist es, das Saarland als mehrsprachigen Raum zu profilieren und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zu stärken. Gerade arbeiten wir an einer neuen Idee für ein grenzraumdidaktisches Konzept, das die Sprach- und Kulturkontakte zwischen Frankreich und dem Saarland thematisiert und ausbaut. Damit möchten wir das Bewusstsein für die positiven Aspekte der Nachbarschaft stärken sowie Stereotype und Sprachbarrieren abbauen.

Balzer: Für die "Lernwerkstatt Religion Plural" spielen die regionalen Aspekte keine Rolle. In der Lernwerkstatt selbst haben wir zum Beispiel Erasmus-Studierende aus Luxemburg, die die Lernwerkstatt gleichermaßen absolvieren wie die Studierenden aus der hiesigen Region. Auch hier gilt einer unserer Grundsätze: je vielfältiger, desto besser und bereichernder. Alle lernen voneinander und miteinander.

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Es ist für mich bewusster geworden, wie man eigentlich in allen Fächern darauf Rücksicht nehmen muss, dass die Kinder alle aus unterschiedlichen Herkünften kommen, unterschiedliche Religionen haben und entsprechend auch ganz unterschiedliche Erfahrungen gemacht haben.

Elena, 22 Jahre, 6. Fachsemester

Welche Voraussetzungen kann die Lehrkräfteaus- und -fortbildung schaffen, damit es gelingt, alle Schülerinnen und Schüler "mitzunehmen"?

Balzer: Den Lehrpersonen von heute kommt die Aufgabe zu, die Schülerschaft für den Wandel der Gesellschaft zu sensibilisieren und sie auf eine plurale, bunte und vielfältige Gesellschaft vorzubereiten. Sowohl Lehramtsstudierende als auch Lehrkräfte werden in der LeRP für einen Religionsunterricht ausgebildet, der Dialogfähigkeit und Integrationsprozesse fördert, womit interkulturelle und interreligiöse Gespräche zu einem wichtigen Unterrichtsbestandteil werden können. Gleichzeitig steht die LeRP Lehrkräften aller Fächer offen.

Ein Schwerpunkt des "Lehr-Lern-Ateliers" ist der "Umgang mit sprachlicher Heterogenität". Welche Maßnahmen entwickeln Sie, um angehende Lehrkräfte bei der Gestaltung von Unterricht und schulischem Alltag zu unterstützen?

Schröder: Wie bereits erwähnt arbeiten wir mit sprachenvernetzenden Ansätzen. Dabei legen wir großen Wert auf die Wertschätzung und Einbeziehung der Herkunftssprachen der Schülerinnen und Schüler, und somit auf die sprachliche und kulturelle Vielfalt im Klassenzimmer. In der zweiten Projektphase entsteht ein neuer Schwerpunkt mit dem interkulturellen Lernen. Gerade die aktuelle politische Lage zeigt uns, dass die Förderung von interkulturellen Kompetenzen und Toleranz gestärkt werden muss. Dies fängt in der Lehrkräftebildung an. Deshalb bieten wir nun erstmals auch einen Workshop für angehende und bereits ausgebildete Lehrkräfte zum Thema interkulturelle Kompetenzen und Heterogenität an.

Inwieweit spielt die Digitalisierung hierbei eine Rolle?

Schröder: Digitalisierung wird bei all unseren Forschungsprojekten immer mitgedacht. Ohne können wir nicht mehr, das hat uns die Corona-Krise ja gezeigt. Wir streben aber immer eine sinnvolle Kombination aus analogen und digitalen Lehr-Lernformaten an. So binden wir in unterschiedlichen Projekten bereits neue Technologien wie Augmented und Virtual Reality im Fremdsprachenunterricht mit ein. Solche Formate sind vielfältig und lassen sich sehr gut in den Präsenzunterricht, aber auch in das selbstgesteuerte Lernen integrieren. Wenn digitale und interaktive Lehr-Lernformate so konzipiert sind, dass sie auf die individuellen Bedürfnisse und Lernprozesse der Schülerinnen und Schüler zugeschnitten sind, stellen sie einen zusätzlichen motivierenden Faktor dar.

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Ich habe mich nochmal intensiver mit den anderen Religionen beschäftigt [...], das hat natürlich auch Interesse geweckt, eher eine Offenheit als eine Distanz [provoziert][...], und das finde ich das Wichtige, dass man einfach ein größeres, breiteres Verständnis aufbaut und so eine Grundlage für einen Dialog hat.

Christina, 26 Jahre, 10. Fachsemester

Wie beeinflusst die Corona-Krise Ihre Arbeit im "Lehr-Lern-Atelier"?

Schröder: Das Lehr-Lern-Atelier war während der Corona-Krise geschlossen, da unsere Kurse und unsere Forschungsarbeit durchweg digital stattfinden mussten. Die Idee des Lehr-Lern-Ateliers als Begegnungsstätte von Akteurinnen und Akteuren der ersten, zweiten und dritten Phase der Lehrkräftebildung nehmen wir nun in den digitalen Raum mit. Unsere Workshopreihe, in der Studierende und bereits ausgebildete Lehrkräfte gemeinsam an innovativen, teils digitalen Lehr-Lernmaterialien arbeiten, findet im Wintersemester zum ersten Mal online statt.

Sie beschreiben die "Lernwerkstatt Religion Plural" als Stätte des Untersuchens und Entdeckens von religiöser Heterogenität im Schulalltag. Wie sensibilisieren Sie Studierende für die unterschiedlichen Kulturen und Religionen ihrer künftigen Schülerschaft?

Balzer: Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Studierenden in der Lernwerkstatt wenig bis keine Erfahrungen mit anderen Religionen haben. Vor dem Hintergrund einer zukünftigen Position als Lehrkraft im Religionsunterricht und der aktuellen Situation in den Klassenzimmern, sehe ich es als zwingend notwendig an, andere Religionen kennenzulernen. Aus diesem Grund fördert die Lernwerkstatt diesen Austausch mit interreligiösen Diskussionsforen verschiedener Vertreterinnen und Vertreter und durch Besuche diverser Gotteshäuser. Im Schulunterricht selbst sollen diese persönlichen Erfahrungen an die Schülerinnen und Schüler weitergegeben werden. Wechselseitige Kenntnisnahme in direkten Begegnungen wirken besonders nachhaltig und können zu einem neuen Umgang zwischen den Religionen führen.

Und wie geht es weiter? Welche Ziele haben Sie für die zweite Förderphase?

Schröder: Unsere Workshopreihe möchten wir auch über die Projektlaufzeit hinaus im Fortbildungskalender für saarländische Lehrkräfte sowie im Vorlesungsprogramm der Universität curricular verankern. Unsere Zusammenarbeit mit Schulen der Umgebung wollen wir ausweiten, sodass unsere bisherigen Projekttage zum sprachenvernetzenden Lernen an Partnerschulen eine größere Reichweite erlangen und sich diese Ansätze mehr und mehr, gerade im Anfangsstadium des Fremdsprachenlernens, etablieren.

Balzer: Unser Ziel, die zweite und dritte Phase der Lehramtsausbildung stärker miteinzubinden, haben wir bereits in der ersten Projektphase erfolgreich umgesetzt. Unser Augenmerk liegt nun unter anderem darauf, die Fortbildungsreihen mit anderen Disziplinen wie zum Beispiel mit dem Fach Musik weiter auszubauen. Die bereits stattgefundenen Veranstaltungen in diesem Kontext waren ein erster Erfolg. Zudem möchten wir das in der "Lernwerkstatt Religion Plural" von den Studierenden angefertigte Material in unseren Kooperationsschulen im Unterricht erproben. Damit möchten wir den Austausch mit Lehrenden aller Schulformen unterstützen, indem diese Materialien für eigene Unterrichtsentwürfe ausgeliehen und verwendet werden können.

Linda Balzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der "Lernwerkstatt Religion Plural" im Porträt (links) und Nicole Schröder, wissenschaftliche Mitarbeiterin im "Lehr-Lern-Atelier" im Homeoffice.
Linda Balzer, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der "Lernwerkstatt Religion Plural" im Porträt (links) und Nicole Schröder, wissenschaftliche Mitarbeiterin im "Lehr-Lern-Atelier" im Homeoffice. © private Aufnahme Linda Balzer(links), Christian Murlowski (rechts)


Dr. Linda Balzer ist Lehrkraft für besondere Aufgaben im Cluster "Ästhetische Bildung und Werterziehung". Als Theologin vertritt sie hier das Teilcluster Werteerziehung. Ihre Praxis- und Forschungsschwerpunkte sind Selbstreguliertes und Forschendes Lernen im Kontext interkultureller und interreligiöser Lernphasen.
Nicole Schröder ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Cluster "Sprachen und Mehrsprachigkeit" und promoviert zur sprachlichen Sozialisierung im mehrsprachigen Kontext von Französisch und Kreol.