Projektvorstellung: Mehr Kohärenz in der Lehrerbildung durch phasenübergreifende Zusammenarbeit an der Universität Bremen : Datum:
Im Rahmen unterschiedlicher Initiativen wird im Qualitätsoffensive-Projekt "Schnittstellen gestalten – entlang des Leitbildes des Reflective Practitioner an der Universität Bremen" das Handlungsfeld "Phasenübergreifende Kooperation" bearbeitet. Am Beispiel des Teilprojekts Studien-Praxis-Projekte und des Kooperationsprojekts "Duale Promotion" wird exemplarisch veranschaulicht, welche Wege die Universität Bremen dabei geht.
Studien-Praxis-Projekte: Phasenübergreifende Zusammenarbeit an konkreten Problemstellungen des Schulalltags
Die Bremer Studien-Praxis-Projekte (SPP) sind Entwicklungsprojekte von Studierenden-Teams zu Fragestellungen, die von Schulen vorgeschlagen werden. In Zusammenarbeit mit Lehrkräften sowie betreut durch Dozentinnen und Dozenten der Universität Bremen werden Aufgabestellungen aus dem Schulalltag bearbeitet. Die SPP stellen für Studierende einen möglichen Einstieg in die Masterarbeit dar.
Für Studien-Praxis-Projekte formulieren Schulen ein Entwicklungsanliegen, an denen Lehramtsstudierende und Lehrkräfte im Team arbeiten. Die Studierenden greifen auf fachdidaktische, fach- und erziehungswissenschaftliche Kenntnisse aus dem Studium zurück und entwickeln – abgestimmt mit praxiserfahrenen Lehrkräften – breit gefächerte Ergebnisse. So entstand in einem SPP zum Beispiel ein Lernkoffer für das Fach Physik, für den Studierende geeignete Materialien recherchiert und zusammengestellt haben. In einem anderen SPP wurden Maßnahmen zur Förderung der Kooperation zwischen Fachlehrkräften und Sonderpädagoginnen und -pädagogen im Kontext der Inklusion entwickelt. Lehrende der Universität begleiten SPP fachlich und überfachlich, sodass eine konkrete themenspezifische Kooperation zwischen Schule und Universität entsteht.
Während in Schulpraktika eher die Erprobung eigenen Unterrichtshandelns im Fokus steht und Lehrkräfte eine beratende Funktion übernehmen, zielen Studien-Praxis-Projekte auf den Transfer konzeptuellen Wissens aus dem akademischen Teil der Lehrerbildung in die Schulpraxis. So gehen Studierende "in einer anderen Rolle und mit einer Entwicklungsaufgabe in die Schule", verdeutlicht Teilprojektleiterin Prof. Natascha Korff. Sie erfahren, so Korff weiter, "dass universitäres Wissen wirklich auch angewendet werden kann und profitieren im engen Kontakt mit Lehrkräften vor Ort von deren Praxis-Expertise."
Studien-Praxis-Projekte schaffen damit eine besondere Gelegenheit, um zwischen Universität und Schulpraxis kurz vor dem Übergang in die zweite Phase der Lehrerbildung (Referendariat) Erfahrungen zu sammeln. Um diese neue Rolle und die Kooperationsbeziehungen als Lerngelegenheit zu nutzen sowie im Gelingen zu unterstützen, werden die Studierenden in einem Begleitseminar durch Reflexionsmethoden darin begleitet, ihre Praxis und diesen neuen Erfahrungsraum der Unterrichts- und Schulentwicklung genauer in den Blick zu nehmen.
Die Lehrkräfte werden in ihrer schulischen Arbeit unterstützt und erhalten nutzbare Ergebnisse für ihre formulierten Anliegen. Aus einem SPP, das sich der Aufgabe einer Gestaltung inklusiven Unterrichts für die Fächer Geschichte und Politik annahm, berichtet die initiierende Lehrkraft: "Das ist für mich ganz hilfreich, dass drei Studierende im Projekt mich unterstützen, meinen Unterricht zu entwickeln und sozusagen gemeinsam den Unterricht zu planen, gemeinsam durchzuführen, zu reflektieren und anschließend auch zu gucken, was kann man noch verbessern, um alle Schülerinnen und Schüler mit ins Boot zu holen" (Dr. Katja Scheidt, Lehrerin).
Die Kooperationszusammenhänge in SPPs wirken überdies in die universitäre Lehrerbildung hinein: Die Begleitung der SPP von Dozierenden aus den Erziehungs- und Fachwissenschaften, den Fachdidaktiken sowie die Möglichkeit multiprofessioneller Studierendenteams bieten Chancen eines interdisziplinären Austauschs. In zukünftigen SPP Netzwerken, in denen mehrere Schulen über mehrere SPP hinweg an einem Entwicklungsthema beteiligt sind, werden die vielfältigen Kooperationsbeziehungen noch mehr Kontinuität erhalten, um die Vernetzung von Schule und Universität weiter zu stärken.
Das Referendariat mit der wissenschaftlichen Qualifikation verbinden – Duale Promotion an der Universität Bremen
Die Lehrerbildung braucht wissenschaftlichen Nachwuchs in den Fachdidaktiken, und die Schulentwicklung hat Bedarf an wissenschaftlich qualifizierten Lehrkräften. Nach dem Referendariat Schuldienst verlieren die jungen Lehrkräfte häufig den Kontakt zu ihrer Hochschule. Die Universität Bremen hat in enger Zusammenarbeit mit der Wissenschaftsbehörde deshalb ein bundesweit einzigartiges Qualifizierungskonzept entwickelt: die "Duale Promotion", ein Kooperationsprojekt der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung".
Die Duale Promotion dauert regulär vier Jahre. In den ersten zehn Monaten entwickeln die Stipendiatinnen und Stipendiaten das Konzept für ihr Forschungsvorhaben mit Unterstützung durch das Graduiertenprogramm und in enger Zusammenarbeit mit den Schulen. Danach absolvieren sie ihr Referendariat an den Kooperationsschulen und erheben gleichzeitig die Daten für ihre Dissertation. In der restlichen Promotionszeit werden die Forschungsergebnisse abschließend bearbeitet. Während der Dualen Promotion sind die Promovendinnen und Promovenden in ein Graduiertenprogramm eingebunden, das von der Universität und dem Studienseminar am Landesinstitut für Schule (LIS) gemeinsam gestaltet wird. Bestimmte Kontingente an Ausbildungsanteilen während des Vorbereitungsdienstes stehen der Universität zur forschungsmethodischen Weiterqualifizierung der dual Promovierenden zur Verfügung (dual use).
Die beiden Ausbildungsabschnitte Vorbereitungsdienst und fachdidaktische Promotion werden in der Dualen Promotion so miteinander zu kombiniert, dass Synergieeffekte entstehen. Dabei stellt der enge Kontakt mit der schulischen Praxis sicher, dass derzeit relevante Fragen der Unterrichtsentwicklung erforscht werden und die Ergebnisse wiederum in den schulischen Alltag einfließen. In diesem Sinne stellt das Programm einen Beitrag zur Theorie-Praxis-Verschränkung dar und ist ein gelungenes Beispiel für einen Transfer, von dem alle Beteiligten profitieren. Die Universität Bremen begreift Transfer als einen breit angelegten, stets forschungsbasierten Austauschprozess, der Kooperation und Dialog in Forschung und Lehre mit Akteuren aus Gesellschaft, Kultur, Bildung, Politik und Wirtschaft umfasst.
Die Kooperation zwischen den Akteuren der ersten und zweiten Phase der Lehrerbildung ist in der Dualen Promotion der Schlüssel zum Erfolg. Diese Kooperation findet über die gesamte Laufzeit des Programms von 4 Jahren statt. Schon bei der Auswahl der Stipendiatinnen und Stipendiaten ist das Landesinstitut für Schule beteiligt, bei der Entwicklung der Forschungsprojekte werden Gespräche mit den Ausbildungsschulen geführt und Impulse aus der Unterrichtsrealität aufgenommen, während des Vorbereitungsdienstes sichert eine kontinuierliche wissenschaftliche Begleitung das hohe Niveau der Forschungsarbeiten und auch nach dem Ende des Referendariats haben die dual Promovierenden weiterhin Zugang zu den Ausbildungsschulen und damit zum Feld ihrer Forschung. Die beteiligten Akteure (Universität, Landesinstitut, Schule und Wissenschaftsbehörde) begegnen sich auf Augenhöhe und öffnen jeweils die durch sie verantworteten Ausbildungsabschnitte für die an diesem Programm beteiligten Akteure.