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Projektvorstellung: DoProfiL – ein Projekt für forschungsbasierte und inklusionsorientierte Lehrerbildung : Datum:

Das Projekt „DoProfiL“ der Technischen Universität Dortmund zielt darauf ab, die Qualität der Lehrerbildung zu verbessern. Dies soll im Sinne eines strategischen, hochschulweiten und phasenübergreifenden Changemanagements erfolgen. Vor dem Hintergrund zunehmender Heterogenität werden profilierte Konzepte entwickelt und nachhaltig in die Praxis integriert.

Barbara Welzel und Stephan Hußmann
Barbara Welzel und Stephan Hußmann sprechen über die zusätzliche Energie, die die "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" der Lehrerbildung an der TU Dortmund gebracht hat. © BMBF/Alexandra Roth

Wie umfassend die Rolle der Lehrerbildung in Zukunft sein wird, belegen die Zahlen aus dem Wintersemester 2017/18: Knapp ein Viertel der 34.600 Studierenden der TU Dortmund ist in einem Lehramtsstudium eingeschrieben. Sie verteilen sich auf 31 Fächer und decken alle Schulformen ab.

Die TU konnte bereits auf einem großen Netzwerk in der Lehrerbildung aufbauen. Welche zusätzliche Dynamik die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ (QLB) gebracht hat, erläutern die beiden Projektleiter Prof.in Dr. Barbara Welzel, Prorektorin Diversitätsmanagement, und der Leiter des Dortmunder Kompetenzzentrums für Lehrerbildung und Lehr-/Lernforschung (DoKoLL), Prof. Dr. Stephan Hußmann.

Welche Möglichkeiten haben sich durch die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ für die TU Dortmund ergeben?

Welzel: Die Neuausrichtung der Lehrerbildung haben wir bereits vor der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ strategisch geplant, indem wir unter anderem neue Kollegen gezielt mit dem Schwerpunkt Inklusion und Heterogenität in unterschiedliche Fakultäten berufen haben. Die Förderung hat uns nun ermöglicht, junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler einzustellen, die über das Projekt DoProfiL die Lehrerbildung an der TU Dortmund aktiv mitgestalten. Dieser Austausch stellt für alle Kolleginnen und Kollegen eine große Bereicherung dar und ist auf lange Sicht eine wesentliche Stellschraube, die wir nachhaltig unterstützen wollen. Hier wächst wissenschaftlicher Nachwuchs heran, der auch in der nächsten Generation in der Lehrerbildung tätig sein wird.

Hußmann: Gleichermaßen ermöglicht uns das Projekt, verschiedene Ideen und Ansätze Einzelner zu verknüpfen. Neben der Expertise der Doktoranden und Post-Doktoranden, setzen wir zum Beispiel Arbeitsgruppen zur fachdidaktischen Entwicklungsforschung, Videovignetten oder zu anderen thematischen Schwerpunkten ein. Wir verbinden Forschung und Entwicklung, denken gemeinsam über Seminar- und Lehrformate nach und entwickeln diese weiter.

Wie sind die Herausforderungen, die sich der Lehrerbildung im professionellen Umgang mit Heterogenität und Inklusion stellen, im Projekt eingebettet?

Welzel: Wir haben in Dortmund eine der größten Fakultäten für Rehabilitationswissenschaften in ganz Europa, von deren Expertise wir profitieren. Die Forderung der UN-Behindertenrechtskonvention nach einem inklusiven Schulsystem änderte die bisherigen Rahmenbedingungen, erforderte ein tiefes Umdenken und einen Rollenwandel von allen Beteiligten. Als Hochschule müssen wir nun auf eine neuartige Weise Fachdidaktiken, Fachwissenschaften, Erziehungswissenschaften und Rehabilitationswissenschaften zusammenführen.

Hußmann: Diese Zusammenstellung beinhaltet auch, dass Inklusion viel umfassender verstanden wird. Es geht einerseits darum, gleiche Zugangsvoraussetzungen für alle zu schaffen. Es geht aber auch um den Aufbau einer Schule, in der alle ihre Stärken, Potenziale und Schwächen einbringen können und anerkannt werden. Um den Studierenden diese Haltung zu vermitteln, müssen wir sie ihnen vorleben. Um die Studierenden kompetent zu machen, müssen wir die Inhalte entsprechend gestalten, und zwar sowohl fachlich, fachdidaktisch und pädagogisch.

Welzel: Mit dem Bereich „Behinderung und Studium“ (DoBuS) des Zentrums für HochschulBildung, dem ältesten und auch profiliertesten Zentrum dieser Art in der Bundesrepublik, haben wir auch sehr bewusst die Hochschuldidaktik eingebettet. Hier wurde ein Konzept entwickelt, das sich „doppelte Experten“ nennt, welches wir in verschiedenen Arbeitskontexten und Seminarsituationen einsetzen. Das heißt, eine Lehrperson hat selbst eine Expertise mit einer eigenen Beeinträchtigung oder anderen kulturellen Perspektive. Im Bereich der Mehrsprachigkeit haben wir ein großes Forschungsprojekt, in dem viele Personen arbeiten, die selbst bilingual oder mehrsprachig sind. Diese Arbeitsweise dient als Vorbild für die Studierenden und ermöglicht uns, Konzepte zu entwickeln, wie die Vermittlungssituationen im schulischen und hochschulischen Kontext gestaltet werden können.

Seit einigen Monaten gibt es an der TU Dortmund mit dem LabprofiL einen ganz besonderen Lehr- und Lernraum. Wie kann dieser genutzt werden?

Hußmann: Im LabprofiL, einem Labor für forschungsbasierte und inklusionsorientierte Lehrer/-innenbildung, haben Studierende die Möglichkeit, Unterrichts- und Förderkonzepte, die sie in verschiedenen Veranstaltungen kennenlernen, mit Schülerinnen und Schülern zu proben, gemeinsam mit Lehrenden zu reflektieren und weiterzuentwickeln. Dieser Ort und die Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure sind ein zentraler Baustein von DoProfiL.

Welche konkreten Ergebnisse konnten in DoProfiL für die Qualitätssteigerung der Lehrerbildung bereits erzielt werden?

Hußmann: Viele unserer Projekte untersuchen ähnliche Forschungsgegenstände mit Ansätzen aus unterschiedlichen Disziplinen. Ein Beispiel ist ein Projekt, das aus mathematikdidaktischer und psycholinguistischer Sicht Strategien vergleicht, wie mehrsprachig aufgewachsene und mathematisch begabte Schülerinnen und Schüler Texte erschließen oder Mathematikaufgaben bearbeiten. Ziel ist es, Muster und Strategien zu identifizieren, um daraus langfristig Seminare und Lernumgebungen zu gestalten, die dann wieder allen Lernenden zu Gute kommen.

Welzel: Im Lehr- und Lernkonzept „Universal Design for Learning“ befassen sich Kolleginnen und Kollegen der Rehawissenschaft, der Chemiedidaktik, der Sportdidaktik, Musikdidaktik und des Instituts für Anglistik gemeinsam damit, welche Voraussetzungen und Bausteine die Studierenden benötigen, um dieses Konzept umzusetzen. Entstanden ist zum Beispiel eine gemeinsame Struktur, die Studierenden aufzeigt, wo sie die Bausteine, die sie im Studium lernen, im künftigen Schulumfeld auch in anderen Fächern kommunizieren können. Das ist für eine gemeinsam gestaltete Lehrerbildung eine unglaubliche Botschaft.

Barbara Welzel und Stephan Hußmann
Das Projekt DoProfiL erzielt konkrete Ergebnisse für die Qualitätssteigerung der Lehrerbildung. © BMBF/Alexandra Roth

Was kennzeichnet das Dortmunder Profil? Was ist das Erfolgsrezept?

Hußmann: Wir konnten auf einem guten Fundament der Gesprächskultur inner- und außerhalb der Universität aufbauen und daraus neue Strukturen schaffen. So haben wir beispielsweise in der Universitätsallianz Ruhr die gemeinsame Workshop-Reihe „Zukunftswerkstatt Inklusion“ etabliert. Darüber hinaus haben wir mit dem Hamburger QLB-Projekt „ProfaLe“ im Bereich „Universal Design for Learning“ eine Kooperation und in der Kunstgeschichte pflegen wir den Austausch mit heiEDUCATION.

Welzel: Die Kunst, so ein Projekt zu leiten, ist einerseits, die dezentralen Entwicklungen in den einzelnen Fachdiskursen zu verbinden. Es braucht ein hohes Engagement der Hochschulleitung und einen Ausdruck von Wertschätzung, um alle in der Lehrerbildung Beteiligten zusammenzuführen. Dafür benötigt man Formate und Ereignisorte, zu denen auch das LabprofiL gehört. Andererseits organisieren wir World Cafés und Tagungen zum fachlichen Austausch und laden auch externe Expertinnen und Experten ein. Zudem gestalten wir zurzeit einen Projektfilm.

Hußmann: Zudem braucht man aktive Persönlichkeiten auf allen Ebenen der Universität, die das Ganze in die Hand nehmen. Zusammen entwickeln wir allgemeine Gestaltungsprinzipien für Lehr- und Lernformate, welche in die Curricula und Modulbeschreibungen der Fächer einfließen sollen. Alles aus eigner Kraft zu gestalten ist jedoch sehr schwer. Daher sind solche Entwicklungs- und Forschungsprojekte wie dieses, mit einer Finanzierung von außen sehr wichtig für das Gelingen innovativer Lehre und Forschung.

Welzel: Die Kolleginnen und Kollegen, die wir aus den Mitteln der QLB anstellen konnten, haben in vielerlei Hinsicht eine neue Dynamik in die Universität gebracht. Diese tragen sie im Idealfall auch über Dortmund hinaus in das gesamte Hochschulsystem hinein.

Um die Inklusionsorientierung als Querschnittsaufgabe für die Lehrerbildung zu diskutieren, richtete das Projekt DoProfiL am 19. und 20. Februar 2018 den Workshop „CHANcen GEstalten – Inklusionsorientierung in der Lehrerbildung als Impuls für Entwicklungsprozesse in Hochschulen“ aus.