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Kommentar: Ende der Offensive, nächste Offensive? : Datum:

Die „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ hat wichtige Impulse für die Lehrkräftebildung gesetzt. Ihr Auslaufen wird vielerorts kritisiert. Dabei bietet das Ende auch die Gelegenheit für eine notwendige Standortbestimmung „Was hat gut funktioniert, was aber auch nicht?“ und Anlass für die Entwicklung geeigneter (Förder-)Strategien, Bewährtes in die Fläche zu tragen. Die Qualität der Ausbildung von Lehrpersonen muss zentrales Anliegen bleiben und gefördert werden, aber nicht: „More of the same“.

Porträt von Prof. Dr. Katharina Scheiter
Prof. Dr. Katharina Scheiter © Universität Potsdam/Tobias Hopfgarten

Ein Kommentar von Katharina Scheiter

Durch die QLB wurden vielfältige Ansätze zur Verbesserung der Qualität der Lehrkräftebildung bezogen auf verschiedene Handlungsfelder entwickelt und erprobt. Innovative Lehr- und Unterstützungsformate wurden konzipiert, der Praxisbezug des Studiums gestärkt und dringende Handlungsbedarfe bei der Ausbildung digitalisierungsbezogener Kompetenzen zukünftiger Lehrpersonen adressiert.

Wie geht es weiter?

Mit Auslaufen der Programmförderung äußern viele den Wunsch nach einem Anschlussprogramm. Der Wunsch ist nachvollziehbar, allerdings stellt sich die Frage, ob hierfür alle Voraussetzungen gegeben sind.

Zum einen ist eine strukturell sichtbare Verankerung der Lehrkräftebildung als wesentliches Ziel der QLB nicht an allen Standorten gleichermaßen umgesetzt. Vielerorts stehen Hochschulleitungen und Wissenschaftsministerien der Länder in Zusammenarbeit mit den lehrkräftebildenden Fakultäten noch in der Verantwortung, personell und materiell untersetzte (Governance-)Strukturen zu etablieren, die der – gemessen an Studierendenzahlen und gesellschaftlicher Relevanz – hohen Bedeutsamkeit des Lehramtsstudiums gerecht werden. Ohne strukturelle Verankerung kann das erweiterte Aufgabenspektrum (unter anderem Nachwuchsförderung, Qualitätsmanagement) kaum erfüllt werden und es fehlt eine einflussreiche Interessenvertretung gegenüber anderen Akteuren (zum Beispiel den Fakultäten bei der Besetzung von Professuren für das Lehramt).

Zum anderen fehlt aber auch eine über das Zusammenstellen einzelner Projektergebnisse hinausgehende Synthese und Bewertung der verschiedenen Ansätze zur Optimierung des Lehramtsstudiums in den einzelnen Handlungsfeldern. Die Programmevaluierung hat nicht zum Ziel, Erkenntnisse auf dieser Ebene zu liefern. Ein Metavorhaben fehlte in der QLB, würde aber auch diese Herausforderung nur bedingt adressieren. Denn die Metavorhaben laufen parallel zu der eigentlichen Projektförderung, eine Feststellung nachhaltiger Wirkungen insbesondere auf systemischer Ebene kann aber in sinnvoller Weise erst später erfolgen. Schließlich ist eine Einschätzung des „what works?“ nicht auf der Basis von Abschlussberichten möglich, die naturgemäß vor allem die gelungene Zielerreichung beschreiben – aber eben nicht das mindestens genauso wichtige, selbstkritische „what does not work?“.

Ein „Clearinghouse Lehrkräftebildung“ mit darauf aufbauender Implementationsstrategie

Für eine datengestützte Weiterentwicklung der Ausbildung zukünftiger Lehrpersonen brauchen wir ein „Clearinghouse Lehrkräftebildung“ für die Identifikation von national relevanten und effektiven Ansätzen für Lehre, Beratung und Praxisbezug sowie von für ein Upscaling geeigneten Prototypen. Erst dann stellt sich die Frage nach der Anschlussförderung mit dem Ziel der nachhaltigen und flächendeckenden Implementierung evidenzbasierter Ansätze sowie der Adressierung neuer Herausforderungen (zum Beispiel der Qualifizierung von Personen für den Quer- und Seiteneinstieg). Hier teile ich die Einschätzung meines Kollegen Prof. Dr. Thorsten Bohl, Direktor der Tübingen School of Education – geäußert auf der Abschlusstagung der QLB. Nicht jede lehrkräftebildende Hochschule muss das Rad neu erfinden. Stattdessen können bestimmte, national relevante Aufgaben, versehen mit der dafür notwendigen finanziellen Förderung, stellvertretend und bei entsprechender Expertise an einzelne Standorte oder Hochschulallianzen übertragen werden.

Als Lehrkräftebildner und -bildnerinnen schimpfen wir gerne über die mangelnde Zusammenarbeit der Länder und ihrer Organe bei der Modernisierung des Schulsystems, aber wie gut gelingt uns dieser Zusammenschluss denn in der Ausbildung der Lehrpersonen? Die QLB hat in einzelnen Bundesländern eine Vernetzung der jeweiligen lehrekräftebildenden Hochschulen bewirkt, aber von einer länderübergreifenden institutionellen Zusammenarbeit sind wir weit entfernt. Wettbewerb untereinander und Schwerpunktsetzungen an Hochschulen fördern den wissenschaftlichen Fortschritt. Aber das Streben nach einer Verbesserung der Qualität der Lehrkräftebildung sollte uns ein gemeinsames Anliegen sein, dessen Erreichung auch anderer Förderformate bedarf.


Prof. Dr. Katharina Scheiter ist Professorin für Digitale Bildung an der Universität Potsdam und dort unter anderem für die Vermittlung digitalisierungsbezogener Kompetenzen im Lehramtsstudium verantwortlich. Seit Februar 2022 leitet sie gemeinsam mit Prof. Dr. Dirk Richter die Transferstelle im Rahmen des BMBF-Programms „Kompetenzzentrum für digitales und digital gestütztes Unterrichten in Schule und Weiterbildung“ und des daraus hervor gegangenen „Kompetenzverbunds lernen:digital“.