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Gemeinsam verschieden sein – Eine Fortbildungsreihe zum Thema Inklusion an der Universität Vechta : Datum:

Schulen gestalten, in denen Vielfalt als Normalität und Stärke anerkannt und wertgeschätzt wird, ist Aufgabe von Lehrpersonen und Ziel inklusiver Bildung. Doch welche professionellen Kompetenzen benötigen Lehrpersonen für einen konstruktiven Umgang mit Diversität? Und wie kann die Modularisierung einer Fortbildungsreihe zu einer kontinuierlichen Erweiterung dieser Kompetenzen beitragen? Die Fortbildungsreihe der Werkstatt Inklusion des Projekt BRIDGES bietet Antworten auf diese Fragen.

Mehrere Jungen und Mädchen unterschiedlicher Herkunft sitzen auf einer Mauer. Sie halten Tablets in der Hand.
Vielfalt sollte in der Schule als Normalität und Stärke anerkannt und wertgeschätzt werden. © Wavebreakmedia

Von Eileen Küthe und Karolin Wallmeyer

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Diversität in einem umfassenden Sinne ist Realität und Aufgabe jeder Schule.

Kultusministerkonferenz 2015

Was häufig fehlt, sind wissenschaftlich fundierte und praxiserprobte Konzepte, die Lehrkräfte bei der Durchführung inklusiver Lehr-Lern-Prozesse unterstützen. Die Werkstatt Inklusion des Projekts „BRIDGES – Brücken bauen“ der Universität Vechta hat es sich dementsprechend zum Ziel gemacht, auf Basis eines weiten Inklusionsbegriffs eine Fortbildungsreihe für Lehrkräfte zu konzipieren, um diese dabei zu unterstützen, Wissen und Kompetenzen für das Lehren in inklusiven Settings zu erwerben und Impulse zur Umsetzung in der Praxis zu geben.

Einblick in Aspekte und Umsetzungsmöglichkeiten inklusiven Lehrens und Lernens: Das Konzept

Ziel der Fortbildungsreihe ist es, Lehrkräften einen Einblick in unterschiedliche Aspekte und Umsetzungsmöglichkeiten inklusiven Lehrens und Lernens zu vermitteln. Um dieses Ziel zu erreichen, ist die Fortbildungsreihe in ein Basis-, drei Erweiterungs- und ein Vertiefungsmodul(e) aufgeteilt. Auf diese Art und Weise soll es Lehrkräften ermöglicht werden, ihre Expertise schrittweise zu erweitern. Thematisch setzt sich die Fortbildungsreihe mit den Grundlagen der Inklusion, dem weiten Inklusionsbegriff sowie Exklusionsdimensionen und Prozessen, die zu Benachteiligungen führen können, auseinander. Auch die verschiedenen Heterogenitätsdimensionen werden in den Fokus genommen, Präventions- sowie Interventionsansätze und Gelingensbedingungen inklusiven Unterrichts dargestellt. Es werden also sowohl grundlegende Definitionen und wissenschaftliche Erkenntnisse über inklusive Lehr-Lern-Prozesse vermittelt als auch schulformspezifische Methoden thematisiert, um den Unterricht differenzierter auf die heterogenen Lernvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler adaptieren zu können.

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Wenn alle Menschen dabei sein können, ist es normal verschieden zu sein.

Bildungsportal Niedersachsen 2022

Das Setting der Fortbildungsreihe

Um möglichst vielen Lehrkräften die Teilnahme an der Fortbildungsreihe neben dem Schulalltag zu ermöglichen, sind die einzelnen Veranstaltungen auf eine Dauer von zwei bis maximal drei Stunden ausgelegt. Der Fokus innerhalb der Veranstaltungen liegt auf der Vermittlung wissenschaftlicher Grundlagen bei gleichzeitiger interaktiver Einbeziehung der Teilnehmenden. Wichtige Erkenntnisse zur Unterrichtsforschung werden nicht nur vermittelt, sondern im Austausch mit den teilnehmenden Lehrkräften vertieft. Zudem werden Unterrichtsmethoden, wie beispielsweise das kooperative Lernen, die sich besonders gut für inklusive Lernprozesse eignen, konkret angewandt. Stichworte wie die „Kognitive Aktivierung“ und „Vielfältige Motivierung“ sind allgegenwärtig. Beides sind Gelingensbedingungen inklusiven Unterrichts, die in den Fortbildungen thematisiert, diskutiert und umgesetzt werden.

Um die Qualität der Fortbildungsreihe zu steigern, findet im Anschluss an jede Veranstaltung eine Evaluation statt, in der die Teilnehmenden die jeweilige Fortbildung reflektieren und Anregungen zur Verbesserung und Weiterarbeit mitteilen können. So bleibt die Fortbildungsreihe stets an die Bedürfnisse der Lehrkräfte angepasst.

Diese Flexibilität spiegelt sich auch im Aufbau der Fortbildungsreihe wider. Das Besondere ist ihre professionelle Modularisierung, die gleichzeitig flexibel und erweiterbar ist, so dass auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen reagiert und eingegangen werden kann. Dies gilt sowohl für die inhaltliche als auch die organisatorische Ausrichtung. So wurde das Format bisher ausschließlich digital angeboten, eine Umsetzung einzelner Module in Präsenz oder eine hybride Umsetzung lassen sich jedoch jederzeit realisieren. Dadurch wird es möglich, auf die Standorte der einzelnen Lehrkräfte zu reagieren. Zudem kann die Fortbildungsreihe leicht an andere Standorte angepasst beziehungsweise adaptiert werden.

Zertifikat für erfolgreiche Teilnahme

Für die Lehrkräfte besteht die Möglichkeit innerhalb der Fortbildungsreihe ein Zertifikat zu erlangen, das den Erwerb grundlegender Kompetenzen im Themengebiet Inklusion bescheinigt, wenn sie die einzelnen Veranstaltungen der jeweiligen Module besucht und einen Abschlussbericht verfasst haben. Die Modularisierung der Fortbildungsreihe hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die Fortbildungen sehr häufig gut besucht oder sogar ausgebucht sind. Die Möglichkeit zum Erwerb eines Zertifikates wird derzeit von verschiedenen Teilnehmenden interessiert wahrgenommen.

Durch die Kooperation mit externen Referentinnen und Referenten ist es möglich, aktuelle fachspezifische Erkenntnisse, beispielsweise zur Diagnostik und Förderung im inklusiven Deutsch- oder Mathematikunterricht sowie zur Gebärdensprache, vermitteln zu können.

Erfahrungen und Schnittstellen mit den verschiedenen Phasen der Lehrkräftebildung

Insgesamt konnten bislang 207 Lehrkräfte aller Schulformen für die Fortbildungsreihe gewonnen werden. Die bisherigen 44 Fortbildungen wurden insbesondere von Lehrkräften der Grundschule, über die Real- und Hauptschule bis zur Gesamtschule, Oberschule und dem Gymnasium besucht. Aber auch Lehrkräfte aus der Förderschule, aus berufsbildenden Schulen, Referendarinnen und Referendare sowie Studierende zählten zu den Teilnehmenden. So konnten einzelne Fortbildungsangebote, zum Beispiel Rassismusprävention in inklusiven Lerngruppen, sowie in Seminaren der ersten und zweiten Phase der Lehrkräftebildung integriert werden. Es zeigt sich somit, dass die Fortbildungsreihe Akteurinnen und Akteuren aus allen Phasen der Lehrkräftebildung erreichen konnte.

Als multiprofessionelles Team ist es der Werkstatt Inklusion ein Anliegen, einen der Leitgedanken der Inklusion, die Vielfalt als Ressource zu nutzen, selbst zu leben und so auch an die Teilnehmenden der Fortbildungsreihe zu vermitteln. Wenn nun die Lerngruppe in der Fortbildung selbst heterogen und zum Teil mit Lehrkräften, Sozialpädagoginnen und -pädagogen auch multiprofessionell besucht ist, dann ist das für uns noch eine weitere Chance, diese Einstellung zu leben und diese Haltung an die Teilnehmenden zu vermitteln. Nicht nur einmal wurde eben diese Einstellung nach einer fruchtbaren Diskussion auf der Metaebene thematisiert.

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Die ‚eierlegende Wollmilchsau‘ wird es, wie im richtigen Leben, aufgrund der Heterogenität der Kinder in der Didaktik und Methodik nicht geben. Aber durch diese Fortbildung habe ich einen weiteren Baustein kennengelernt, der mich dem oben Genannten ein kleines Stück näher bringt.

Rückmeldung einer Lehrperson

Fazit: In kleinen Schritten die Herausforderung der Inklusion meistern

Die Fortbildungsreihe Inklusion hat kein Geheimrezept für die Umsetzung von Inklusion, das sie vermitteln könnte. Stattdessen ist es dem Projekt ein Anliegen, in kleinen Schritten aufzuzeigen, wie Inklusion auch mit kleinen Veränderungen im Schulalltag gelingen kann oder bereits gelingt. So erweitern Lehrkräfte aus den Fortbildungen nicht nur ihr Wissensspektrum zum Thema Inklusion, sondern erfahren sich im besten Fall als bereits selbstwirksam und schöpfen Mut und Selbstvertrauen, die große Herausforderung der Inklusion zu meistern.


Eileen Küthe und Karolin Wallmeyer sind wissenschaftliche Mitarbeiterinnen des Projektes BRIDGES und verantwortlich für die Konzeptionierung und Durchführung der Fortbildungsreihe.