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Digitalisierung im Spiegel gesellschaftlicher Herausforderungen: Ansätze des Projekts U.EDU in Kaiserslautern : Datum:

Lehrkräfte müssen sich im Rahmen ihrer eigenen Professionalisierung dem Anspruch eines lebenslangen Lernens stellen und die Brücke zwischen Wissenschaftsorientiertheit ihres Studiums und Berufspraxis gestalten. Hier unterstützt das Projekt „Unified Education: Medienbildung entlang der Lehrerbildungskette (U.EDU)“ mit passenden Fortbildungsangeboten zu MINT-Themen, aber auch für Führungskräfte an Schulen und bietet so eine gezielte und ganzheitliche Unterstützung von Schulentwicklungsprozessen.

Zu sehen ist ein modularer Photometer und ein Tablet. Zwei Hände bedienen den Versuchsaufbau.
Mittels eines modularen Photometers (Desklab) und gestützt durch eine tabletbasierte AR-Anwendung, kann das Wachstum von Algen bestimmt werden. © TU Kaiserslautern/Lena Geuer (BioVT)

Von Norbert Wehn und Claudia Gómez Tutor

Das Projekt U.EDU der TU Kaiserslautern (TUK) strebt in allen Bereichen der Bildungskette eine ganzheitliche und transformative Bildung an, bei der Lernen interaktiv und kollaborativ mit Hilfe von digitalen Medien gestaltet wird und auch Nachhaltigkeitsthemen im Rahmen von Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) fokussiert werden. Um die Menschen zu einem nachhaltigen Denken und Handeln zu befähigen und ihnen die Mitgestaltung einer fairen und ökologisch verträglichen Zukunft zu ermöglichen, umfasst dies bei angehenden Lehrkräften die Entwicklung von Kompetenzen für eine Welt, deren Herausforderungen sich im Laufe des Berufslebens kontinuierlich wandeln.

Ausgehend von der ersten Phase der Lehrkräftebildung, in der es in den Bildungswissenschaften, Fachdidaktiken und Fachwissenschaften darauf ankommt, Basisqualifikationen zum Umgang mit herausfordernden Themenbereichen wie Heterogenität und Inklusion, Leben und Lernen in einer digitalen Welt sowie Umgang mit einer nachhaltigen Entwicklung zu erlangen, werden im Projekt U.EDU die Angebote so konzipiert, dass sie alle Phasen der Lehrkräftebildung adressieren und den Übergang von einem wissenschaftsorientierten Studium in die Berufspraxis mit beachten. Entsprechend werden vor allem MINT-Themen aufbereitet und digitale Medien einerseits als Lerntools zum Aufbau von situativem und reflektiertem Orientierungs- und Handlungswissen verwendet und andererseits deren Funktionsweisen sowie der Nutzen digitaler Medien beim Einsatz in Lehr- und Lernprozessen reflektiert.

Hierzu werden die entwickelten universitären Ausbildungskonzepte in Lehrkräftefortbildungen transferiert und in unterschiedlichen Formaten (Präsenz, hybrid, digital) angeboten, wobei insbesondere die technischen Möglichkeiten digitaler Medien genutzt werden, um Lernen unabhängig von Ort und Zeit zu ermöglichen und damit stärker zu individualisieren. Mit dem Rahmenplan zur „Bildung in der Digitalen Welt“ hat die Kultusministerkonferenz schon 2017 hierzu Erwartungen formuliert. Lehren und Lernen mit digitalen Medien dient somit als ein Schlüssel für die Umsetzung einer transformativen Bildung.
Mit diesem Ansatzpunkt ist ein ganzheitlicher Blick auf Schulentwicklung durch den Fokus auf Fachwissenschaften im MINT-Bereich (Unterrichts- und Personalentwicklung) sowie den Bereich Schulmanagement und Führungskräfte (Organisations- und Qualitätsentwicklung) möglich. Das Vorgehen wird im Folgenden an ausgewählten Teilprojekten von U.EDU an der TUK gezeigt.

Wie Augmented Reality experimentelles Lehren und Lernen unterstützt

Um mehr Schülerinnen und Schüler für die Natur- und Ingenieurswissenschaften zu begeistern, ist beim Vermitteln von Lehrinhalten in den MINT-Fächern der experimentelle Umgang mit aktuellen Themen für das Begreifen der (natur-)wissenschaftlichen Zusammenhänge unabdingbar. Mit dem U.EDU-Teilprojekt „ARWIN“ werden Lehrkräften verschiedene Experimentierkoffer mit neuen Methoden und Tools an die Hand gegeben, die das Durchführen von bestehenden Laborexperimenten im Unterricht mit Hilfe von Augmented Reality (AR) ermöglichen. Die AR-Umgebung zu den Laborexperimenten bietet virtuell dargestellte Hilfestellung zum realen experimentellen Verfahren und zum fachlichen Hintergrund oder liefert zusätzliche weiterführende Informationen, wie Videos, Text oder Bild. Diese unterstützenden Lernbausteine lassen sich auf einem Tablet anzeigen, sobald ein zugehöriges Erkennungsmerkmal (zum Beispiel ein Bauteil der experimentellen Apparatur) per Kamera gescannt worden ist. Die entstandenen Materialien werden in Experimentierkoffer integriert und für Lehrkräfte kostenlos bereitgestellt. Zusätzlich besteht ein Fortbildungsangebot zum fachlichen Hintergrund und dem Umgang mit den Experimentierkoffern.

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Studierende und Lehrkräfte können die Funktionsweisen und grundlegenden Prinzipien der digitalen Welt kennenlernen und verstehen, digitale Plattformen zur Kollaboration nutzen sowie algorithmische Strukturen in verwendeten digitalen Werkzeugen erkennen.

Lena Geuer, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt ARWIN

Mit der Geobotanik-Box im Klassenzimmer den Lebensraum Erde erforschen

Das U.EDU-Teilprojekt „World2Go“ bietet Schulen die Möglichkeit, interessante Pflanzen der Subtropen und Tropen in einem digitalen Lernzirkel kennenzulernen und interaktives und kollaboratives Arbeiten im naturwissenschaftlichen Unterricht durchzuführen. Es werden aktuelle Fragestellungen zu den Themen Klimazonen, Standortanpassungen von Pflanzen, Nutzpflanzen und Böden aufgegriffen. Hierbei können naturwissenschaftliche Arbeitsweisen fächerübergreifend mit den Schülerinnen und Schülern erarbeitet und vertieft werden. Die Erkundung der Angepasstheit von Pflanzen an abiotischen Stress, vor allem durch Lufttemperatur und Niederschlagsverfügbarkeit an ihrem Standort, wird durch digital gestütztes Stationenlernen am Original handlungsorientiert umgesetzt. Das Besondere an „World2Go“ ist, dass die Pflanzen und auch das benötigte Experimentiermaterial in einer Geobotanik-Box an die Schule geschickt werden kann. Daher leitet sich der Name „World2Go“ – die Welt zum Mitnehmen – ab. Dieses Angebot bringt gerade in der aktuellen Situation eine willkommene Abwechslung in die Schulen und kommt zudem ohne externen Personenkontakt aus.

Digitale Leadership-Trainings für systemische Schulentwicklung

Schulleiterinnen und Schulleiter sehen sich als Führungskräfte mit immer komplexer werdenden Thematiken, wie digitale und inklusionsspezifische Transformationsprozesse, konfrontiert. Diese Themen erfordern zusätzlich zu den veränderten schulischen Rahmenbedingungen auch neue Kommunikations- und Beratungsabläufe. Um Transformationsprozesse anzubahnen und voranzutreiben, müssen die verantwortlichen Führungskräfte emotionale Kompetenzen entwickeln, die es ihnen ermöglichen, auch auf potenzielle Widerstände reagieren zu können.

Im U.EDU-Teilprojekt „Digitale Leadership-Trainings für systemische Schulentwicklung“ (DILEAD) wird ein digital gestütztes Weiterbildungsangebot für Schulleitungen und pädagogische Führungskräfte angeboten, das insbesondere die emotionalen Führungskompetenzen und die Selbstreflexionsfähigkeiten angehender Schulleitungen fördert. Systemische Schulentwicklung versteht Schule als lernende Organisation, bei der allen Akteurinnen und Akteuren Wertschätzung entgegengebracht werden muss, um Sinn, Nachhaltigkeit und Motivation zu stiften. Emotionale Führungskompetenzen sind daher Grundlage systemischer Kompetenzentwicklung und schaffen entsprechend Resilienz und Ambiguitätstoleranz für Herausforderungen, denen sich Schulleitungen in einer digitalisierten Welt stellen müssen.

Die an der TUK im Einsatz befindlichen Leadership-Trainings sind als digitale Selbstlernumgebung konzipiert und mittels responsivem Webdesign realisiert, wodurch sie per Webbrowser auf digitalen Endgeräten abgerufen werden können. Im Mittelpunkt der Selbstlernumgebung stehen neben der Förderung emotionaler Reifungsprozesse zur Führungskraft auch Hilfestellungen für Schulentwicklungsprozesse (zum Beispiel Organisations- und Personalentwicklung) sowie die Förderung professionellen Handelns in, mit und durch digitale Medien. Neben theoretischen Hintergründen und Reflexionstools werden praxisrelevante Tools, zum Beispiel für Mitarbeitendengespräche und Qualitätsmanagement, für die Anwendung im Schulalltag vermittelt.

Weiterentwicklung von Schule und Unterricht durch individualisierte und selbstgesteuerte Fortbildungskonzepte

Aus bisherigen Arbeiten stehen inhaltliche Ausarbeitungen von Konzepten für Lehr-Lernszenarien im naturwissenschaftlich-informatorischen, im naturwissenschaftlich-mathematischen oder naturwissenschaftlich-technischen Bereich und inzwischen auch im gesellschaftswissenschaftlichen Bereich zur Verfügung. Die exemplarisch dargestellten Teilprojekte zeigen, wie eine Unterstützung bei der individualisierten, anforderungsspezifischen und selbstgesteuerten Fortbildung für die digitale Unterrichtsgestaltung aussehen kann. Die einzelnen Themen werden von Lehrkräften als auch von Studierenden gut angenommen und sind über die Fortbildungsreihe des U.EDU-Projekts regelmäßig im Angebot. Hierbei werden die Möglichkeiten, den Einsatz der digitalen Medien in den Fortbildungen erproben und reflektieren zu können, positiv hervorgehoben. Als besonders hilfreich wird die Möglichkeit Option gesehen, sich die entsprechenden Materialien an die Schule liefern zu lassen, um mit wenig Zeitaufwand die jeweilige Maßnahme umsetzen zu können. Die Konzepte werden hierbei nicht unter Laborbedingungen, sondern mit dem Fokus auf bestehende Praxisbedingungen im Schulalltag in Kooperation mit Partnerschulen, Studienseminaren und interessierten Lehrkräften interaktiv und kollaborativ weiterentwickelt und getestet.


Prof. Dr.-Ing. Norbert Wehn ist Professor für den Bereich „Entwurf Mikroelektronischer Systeme“ und Digitalisierungsbeauftragter der Technischen Universität Kaiserslautern sowie Projektleiter des Projekts „Unified Education: Medienbildung entlang der Lehrerbildungskette (U.EDU)“.
Dr. Claudia Gómez Tutor ist Koordinatorin des Projekts „Unified Education: Medienbildung entlang der Lehrerbildungskette (U.EDU)“ an der Technischen Universität Kaiserslautern und geschäftsführende Beauftragte des Zentrums für Lehrerbildung.