Wie die Professionalisierung von Lehrkräften Schulen in sozial schwierigen Lagen unterstützt – die Bund-Länder-Initiative „Schule macht stark“ : Datum:
Schulen in sozial schwierigen Lagen stehen vor besonderen Anforderungen, die in den letzten Jahren bildungspolitisch intensiv diskutiert wurden. Eine zentrale Strategie, um Schul- und Unterrichtsqualität und damit den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern an Schulen in sozial schwierigen Lagen zu verbessern, liegt in der Weiterentwicklung der professionellen und gesundheitsförderlichen Kompetenzen von Lehrkräften.
Von Kira Weber, Christin Lucksnat, Uta Klusmann und Dirk Richter
Die gemeinsame Initiative von Bund und Ländern zur Unterstützung von Schulen in sozial schwierigen Lagen „Schule macht stark“ wurde auf den Weg gebracht, um die Bildungschancen von sozial benachteiligten Schülerinnen und Schülern zu verbessern. Die Initiative ist in zwei Phasen unterteilt und insgesamt auf zehn Jahre angelegt. In der ersten Phase (2021 bis 2025) arbeiten 200 Schulen in sozial schwierigen Lagen kooperativ mit der Wissenschaft zusammen und entwickeln und erproben gemeinsam Maßnahmen und Konzepte, um die jeweiligen Schulen und ihre Lehrkräfte zu stärken. In der zweiten Phase (2026 bis 2030) sollen diese entwickelten Konzepte an weitere Schulen in Deutschland transferiert werden.
Vorstellung des SchuMaS-Forschungsverbunds
Der interdisziplinäre Forschungsverbund „Schule macht stark - SchuMaS“ begleitet mit 13 beteiligten Verbundeinrichtungen forschungs- und praxisorientiert und unter Leitung des DIPF | Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation deutschlandweit 200 Schulen in sozial schwierigen Lagen aus Primar- und Sekundarstufe. Ziel ist es, die sprachlichen und mathematischen Basiskompetenzen, das soziale Lernen sowie die Lernmotivation der Schülerinnen und Schüler zu fördern. Durch Angebote aus vier Inhaltsclustern des Verbundes (Unterrichtsentwicklung Deutsch und Mathematik, Professionalisierung des pädagogischen Personals, Schulentwicklung sowie Außerunterrichtliches Lernen und Sozialraumorientierung) sollen die jeweils spezifischen Rahmenbedingungen und Bedarfe der Schulen berücksichtigt werden. Durch einen engen Austausch mit den Schulen über die vier regionalen SchuMaS-Zentren des Verbundes werden die Konzeption, Implementation und Evaluation der Angebote sichergestellt. Gerahmt und unterstützt wird die Arbeit in den Inhaltsclustern und den regionalen SchuMaS-Zentren durch die drei Metacluster: „Evaluation“, „Assessment und Forschungsdatenmanagement“ sowie „Verzahnung und Transfer“.
Welche Herausforderungen und Bedarfe zeigen sich an Schulen in sozial schwierigen Lagen?
An Schulen in sozial schwierigen Lagen lassen sich eine Vielzahl leistungsschwacher Schülerinnen und Schüler, motivationale, psychische und soziale Probleme, vermehrte Störungen im Unterricht, aggressives Verhalten und Mobbing sowie relativ wenig Unterstützung von Seiten der Eltern identifizieren. Neben diesen Merkmalen zeigen Studien, dass Lehrkräfte an diesen Schulen über weniger Berufserfahrung verfügen und der Anteil der Seiteneinsteigenden höher ist als an anderen Schulen. Diese institutionellen Rahmenbedingungen können sich nicht nur negativ auf das Lernen und die Motivation von Schülerinnen und Schülern auswirken, sondern auch dazu führen, dass Lehrkräfte an diesen Schulen ein besonders hohes Risiko für Burnout und Erschöpfungssymptome aufweisen.
Dabei benötigen insbesondere Schulen in sozial schwierigen Lagen gesunde, engagierte und leistungsfähige Lehrkräfte. Um Bildungsungleichheiten zu verringern und die spezifischen Herausforderungen dieser Schulen zu kompensieren, braucht es neben einem datengestützten, partizipativen und transparenten Schulleitungshandeln, vor allem auch Lehrkräfte mit einem hohen Maß an Wissen und Können, Engagement und Gesundheit. Viele Lehrkräfte fühlen sich durch die ersten beiden Phasen der Lehrkräftebildung nicht ausreichend auf diese Herausforderungen vorbereitet oder sind Seiteneinsteigende, weswegen der dritten Phase der Lehrkräftebildung eine besondere Bedeutung zukommt.
Welche Kompetenzen benötigen Lehrkräfte an Schulen in sozial schwierigen Lagen?
Um den oben beschriebenen Herausforderungen erfolgreich zu begegnen, benötigen Lehrkräfte an Schulen in sozial schwierigen Lagen ein hohes Maß an Professionswissen. In empirischen Studien konnte insbesondere pädagogisches Wissen als bedeutsam für erfolgreiches Unterrichten und die Lernerfolge von Schülerinnen und Schülern identifiziert werden. Pädagogisches Wissen subsumiert dabei unter anderem das Wissen über Klassenführung, Kommunikation, soziale Konflikte und heterogene Merkmale der Schülerinnen und Schüler. An Schulen in sozial schwierigen Lagen sind diese Merkmale professioneller Kompetenz sowie eine positive Schülerinnen- und Schülerorientierung, kooperatives Lernen und Feedback von besonderer Relevanz. Erwartungen, Überzeugungen sowie selbstregulative Fähigkeiten stellen weitere berufsspezifische Merkmale dar, die Lehrkräfte benötigen, um berufliche Anforderungen erfolgreich zu meistern. Empirische Studien zeigen zudem, dass das berufliche Wohlbefinden ein wichtiger Faktor für Unterrichtsqualität und das Lernen der Schülerinnen und Schüler ist und dass sowohl pädagogisches Wissen, selbstregulative Fähigkeiten als auch positive Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern eine wichtige Ressource für Lehrkräfte zu sein scheinen.
Fortbildungsangebote des Inhaltsclusters Professionalisierung
Die Unterstützung der Schulen im Rahmen der Initiative „Schule macht stark“ erfolgt im Inhaltscluster Professionalisierung durch das Angebot von bedarfsorientierten Fortbildungen, die sich einerseits auf die Weiterentwicklung von professionellen Kompetenzen der Lehrkräfte konzentrieren und andererseits auf die Förderung der Gesundheit und des Wohlbefindens.
Bei der Weiterentwicklung der professionellen Kompetenz der Lehrkräfte konzentrieren wir uns auf die Förderung des pädagogischen Wissens, kooperativen Lernens, Feedbacks sowie der Erwartungen und Überzeugungen. Um das berufliche Wohlbefinden und die Gesundheit der Lehrkräfte zu fördern, legen wir den Fokus auf die Stärkung individueller (unter anderem selbstregulativer Fähigkeiten) und sozialer Ressourcen (unter anderem Förderung positiver Interaktionen mit Schülerinnen und Schülern).
Die Fortbildungen orientieren sich dabei an bereits bestehenden Trainings und Interventionen und werden sowohl schulintern für komplette Schulkollegien als auch für individuelle Lehrkräfte und Schulleitungen angeboten. Zudem werden empirisch belegte Merkmale wirksamer Fortbildungen, wie beispielsweise die inhaltliche Ausrichtung an sogenannten Kernpraktiken von Lehrkräften und die Verknüpfung von Input-, Erprobungs- und Reflexionsphasen berücksichtigt. In Absprache mit den Schulen werden die Angebote an die jeweils spezifischen Bedingungen adaptiert und kontinuierlich weiterentwickelt. Die Interventionen sollen in der ersten Phase der Initiative auf ihre Wirksamkeit und Nachhaltigkeit evaluiert werden.
Dr. Kira Elena Weber ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik sowie im Inhaltscluster „Professionalisierung“ des vom Bildungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts „Schule macht stark - SchuMaS“.
Christin Lucksnat ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Potsdam sowie im SchuMaS-Inhaltscluster „Professionalisierung“.
Prof. Dr. Uta Klusmann ist stellvertretende Direktorin der Abteilung Erziehungswissenschaft und Pädagogische Psychologie am IPN - Leibniz-Institut für die Pädagogik der Naturwissenschaften und Mathematik und Professorin für Empirische Bildungsforschung an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Sie ist zudem Leiterin des Inhaltsclusters „Professionalisierung“ von „Schule macht stark - SchuMaS“.
Prof. Dr. Dirk Richter ist Professor für Erziehungswissenschaftliche Bildungsforschung an der Universität Potsdam und ebenfalls Leiter des SchuMaS-Inhaltsclusters „Professionalisierung“.