Mit der Kunst im Bunde – Perspektiven eines kleinen Faches für das große Ganze : Datum:
Das wichtigste Fach ist natürlich immer dasjenige, welches man selbst vertritt. Doch im großen Kanon der Fächer, die in der Lehrkräftebildung ihren Ort haben, werden Kunst und Kunstdidaktik oftmals als klein charakterisiert, ihre Bedeutung für Schülerinnen, Schüler und angrenzende Disziplinen nahezu marginalisiert. Dabei können Kunst und Kunstdidaktik nicht nur sich selbst das Wichtigste sein, sondern auch für die gesamte Lehrkräftebildung neue Perspektiven eröffnen.
Ein Kommentar von Magdalena Eckes und Bettina Gärtner
Kunst ist ein irreduzibler Weltzugang. Die Umgangsweisen, die Kunst eröffnet, können durch keine anderen ersetzt werden und sind damit wesentlich für eine ganzheitliche Entwicklung. Jede und jeder Studierende des Künstlerischen Lehramts sollte während des Studiums diese Erfahrung machen und sie dadurch an ihre oder seine Schülerinnen und Schüler weitergeben können. Für all jene, die diese Erfahrung jedoch aus welchen Gründen auch immer nicht machen, bleibt die Praxis, bleibt der Wert einer Auseinandersetzung in und mit Kunst manchmal unklar.
Gerade deshalb lässt sich im Austausch mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Fächer leichter auf die Wirkungen künstlerisch-bildnerischer Auseinandersetzungen in nicht-künstlerischen Bereichen verweisen. Eine generelle Orientierung in der Welt der Bilder, das Erlernen technischer Fertigkeiten, eine Steigerung von Kreativität aber auch kulturelle Teilhabe nehmen hier beispielsweise eine einleuchtend prominente Stellung ein.
Kunst und "Making"
In spezifischen Situationen können darüber hinaus weitere nützliche Aspekte sichtbar werden. Das lässt sich konkret anhand des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundprojekts MakEd_digital aufzeigen, an dem die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart (ABK Stuttgart) unter dem Dach der Professional School of Education Stuttgart Ludwigsburg beteiligt ist und bei dem pädagogisch-didaktische Makerspace zur Förderung digitalisierungsbezogener Kompetenzen eingesetzt werden sollen. An der ABK Stuttgart wird dieses Projekt im eigenen "Makerspace" (ABKFABLAB) verwirklicht. Hier kann Kunst als kreativer und motivierender Faktor für die Auseinandersetzung mit anderen Themen und Techniken in Erscheinung treten – ganz so wie in der "von STEM zu STEAM"-Debatte immer wieder gefordert (STEAM – Science, Technology, Engineering, Art, Mathematics).
Darüber hinaus liefern die Besonderheiten des Schulfaches Kunst und die Bearbeitung dieser Besonderheiten in der Kunstdidaktik Anhaltspunkte, wie Reibungen zwischen "Making" und Schule angegangen werden können. Da im Kunstunterricht Phasen des freien Arbeitens eine hohe Relevanz haben, gibt es in der Kunstdidaktik schon des Längeren Ansätze zu einem diversifizierenden Umgang mit Notengebung, die eine Übertragbarkeit auf die Problematik des Benotens der Arbeit im "Makerspace" aufweisen. Und auch die räumlich-didaktische Organisation des Kunstunterrichts – Stichwort "Werkstatt" – bietet Möglichkeiten, Making-Szenarien zu integrieren und damit als eine Art Keimzelle für das Thema in der Schule zu fungieren.
Neue Sichtweisen auf Prozesse, Argumentationen und Praktiken in der Lehrkräftebildung
Allerdings darf bei all der "Nützlichkeit" des Faches nicht vergessen werden, dass es sich auch abseits solcher Nebeneffekte lohnt, die Kunst im Bunde zu haben. Die Besonderheiten künstlerisch-bildnerischer Herangehensweisen zeigen sich nicht nur in der Kunst selbst oder ihren konkreten vereinzelten Wirkungen. Kunst eröffnet eine andere Sichtweise auf Prozesse, Argumentationen und Praktiken insbesondere in der Lehrkräftebildung. Im Wissen darum, welche anderen Horizonte in Bildungsprojekten visualisierbar sind, kann sie im Verbund nicht nur als schmückendes Beiwerk agieren, sondern auch den gesetzten Rahmen bespielen und diesen, gemeinsam mit anderen "kleinen" Fächern, in Bewegung bringen.
Prof. Dr. Magdalena Eckes ist Professorin für Kunstdidaktik und Bildungswissenschaften an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Ihre Forschungsschwerpunkte sind analoge und digitale (Kultur-)techniken im kunstpraktischen Lehren und Lernen, kritische Analysen theoretischer Begründungszusammenhänge für kunstpädagogische Praxis und die Entwicklung neuer Umgangsweisen mit kanonischen Erzählungen in der Kunst. Sie ist Teilprojektleiterin in MakEd_digital.
Bettina Gärtner ist Akademische Mitarbeiterin in der Fachgruppe Kunst für das institutionsübergreifende Projekt MakED_digital im Rahmen des Verbundvorhabens Lehrerbildung PLUS – Professional School of Education Stuttgart-Ludwigsburg PSE.