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Heterogene Eingangsvoraussetzungen berücksichtigen – kompetenzorientierte Begleitung von Studierenden des beruflichen Lehramts in Kassel : Datum:

Der Lehrkräftemangel im beruflichen Lehramt führt auch zu einer breiteren Öffnung des Hochschulzuganges. Heterogene studentische Lebenslagen, Vorerfahrungen, Qualifikationen und die hochschulischen Studienanforderungen führen nicht selten zu Passungsproblemen. Das an der Universität Kassel angesiedelte Projekt KoBeg greift diese Problematik auf. Mittels eines eigens für die Studieneingangsphase entwickelten Lehr-/Lernkonzepts, wird der Erwerb studienerfolgsrelevanter Kompetenzen unterstützt.

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In beruflichen Lehramtsstudiengängen herrschen oftmals Passungsprobleme zwischen den Vorerfahrungen beruflich Gebildeter und den Anforderungen an Hochschulen. © BMBF/Alexandra Roth

Von Alexandra Brutzer und Manuela Stärk

Die akademische Lehrkräfteausbildung in Deutschland bewegt sich gegenwärtig in einem Spannungsfeld. Einerseits besteht ein hoher Bedarf an gut qualifizierten Berufsschullehrkräften, andererseits resultiert aus der Öffnung des Hochschulzuganges für beispielsweise beruflich Gebildete eine zunehmend heterogene Gruppe an Studierenden. Die damit häufig einhergehende Passungsproblematik stellt Studierende und Hochschulen vor besondere Herausforderungen, so auch die beruflichen Lehramtsstudiengänge der Universität Kassel.
Der Zugang zu den dort ansässigen Bachelorstudiengängen der Berufs- und Wirtschaftspädagogik ist unter anderem mit dem zweiten und dritten Bildungsweg sowie mit der Fachhochschulreife möglich. Dies geht mit individuell unterschiedlichen vorhochschulischen, beruflichen und (berufs-)schulischen Kompetenzbeständen der Studierenden einher. Besonders die individuell unterschiedlichen Lebenslagen und Defizite in der Wissenschaftspropädeutik bereiten beruflich und/oder berufsschulisch vorgebildeten Studierenden zu Studienbeginn Schwierigkeiten.

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Zu Beginn des Semesters mussten wir uns nach Bearbeiten des Textes anhand des Selbsteinschätzungsbogen in die Lernstufen einteilen. Ich war mir sicher auf dem Stand der Lernstufe 3 zu sein, jedoch ergab der Selbsteinschätzungsbogen stattdessen die Lernstufe 2. Das hat mich überrascht, (…) Da meine Schulzeit 4 Jahre her ist und ich seitdem kaum Kontakt mit dem wissenschaftlichen Arbeiten und auch mit Literaturrecherchen usw. hatte, war diese Einstufung im Nachhinein auch die Richtige.

Studentische Rückmeldung aus den Reflexionsschreiben

Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen der von der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" (QLB) geförderten Kasseler Projekte PRONET (erste Förderphase 2015-2018; "Professionsbezogene Begleitung (ProBeg) der L4-Studierenden unter Berücksichtigung heterogener Eingangsvoraussetzungen") und PRONET² (zweite Förderphase 2019-2023; "Kompetenzorientierte Begleitung (KoBeg) der Studierenden im Lehramt unter Berücksichtigung heterogener Eingangsvoraussetzungen") ein binnendifferenziertes Lehr-/Lernkonzept erarbeitet. Ziel ist die Verbesserung des Zusammenwirkens zwischen individuellen studentischen Faktoren und institutionellen Rahmenbedingungen sowie die frühzeitige Unterstützung beim Erwerb von studienerfolgsrelevanten Schlüsselkompetenzen. Die Schlüsselkompetenzen subsummieren sich unter dem Oberbegriff Studierfähigkeit und beziehen sich auf inhaltliche, personale, soziale und organisatorische Kompetenzen der Studierenden.

Ausschnitt aus dem eigens entwickelten Kompetenzraster im Projekt ProBeg/KoBeg

Niveau 1 Niveau 2 Niveau 3 Niveau 4
Anforderungen Studieneingangsphase
  • Ich verstehe wissenschaftliche Texte und Statistiken und kann einzelne Aussagen wiedergeben.
  • Ich kann die theoretischen Grundlagen des Textes benennen.
  • Ich verstehe wiss. Texte umfänglich und kann wichtigere von weniger wichtigen Aussagen unterscheiden.
  • Ich kann Argumente gedanklich vor dem Hintergrund theoretischer Grundlagen eines Textes einordnen.
  • Ich verstehe wiss. Texte ohne große Probleme, kann Aussagen identifizieren und einschätzen.
  • Ich kann die theoretischen Grundlagen der Argumentation für mich systematisieren.
  • Ich bin sicher im Verständnis und Umgang mit wissenschaftlichen Texten und kann eigene Fragestellungen dazu entwickeln.
  • Ich kann unterschiedliche theoretische Konzepte gedanklich einordnen, abwägen und gewichten.
Niveau 1 Niveau 2 Niveau 3 Niveau 4
Study-Life-Balance

Ich habe noch ziemliche Schwierigkeiten, meine verschiedenen Lebensbereiche miteinander zu vereinbaren.

Ich habe noch etwas Schwierigkeiten, meine verschiedenen Lebensbereiche miteinander zu vereinbaren.

Ich habe kaum noch Schwierigkeiten, meine verschiedenen Lebensbereiche miteinander zu vereinbaren.

Ich habe eine gute Study-Life-Balance gefunden und fühle mich wohl mit meinem Studium.

Somit gelingt die passgenaue Berücksichtigung der jeweiligen studentischen Bedarfslagen im Rahmen der ersten beiden Semester, der sogenannten Studieneingangsphase (siehe Abbildung). In zwei aufeinanderfolgenden Modulen, welche im ersten und zweiten Semester angesiedelt sind, kommen in den Begleitveranstaltungen (Tutorien und Seminaren) lernstufenspezifische (e)Booklets zum Einsatz, deren Ausgestaltung sich an eduScrum® anlehnen. Die lernstufenspezifischen Aufgaben der (e)Booklets regen die Studierenden zur kontinuierlichen Auseinandersetzung mit ihrer eigenen Studierfähigkeit an. Gleichzeitig wird das Lehr-/Lernkonzept durch die im Wechsel stattfindenden onlinebasierten Präsenz- und Freiarbeitsphasen den unterschiedlichen studentischen Lebenslagen und pandemiebedingten Umständen gerecht.

Gesamtübersicht des Lehr-/Lernkonzept in der Studieneingangsphase
Gesamtübersicht des Lehr-/Lernkonzept in der Studieneingangsphase © Alexandra Brutzer und Manuela Stärk

Die Gesamtdarstellung des Lehr-/Lernkonzeptes ist ab Herbst 2021 nachzulesen (siehe Box „Publikationen).

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Anfangs hatte ich Schwierigkeiten mit wissenschaftlichen Texten, da viele fachspezifische Wörter benutzt werden, doch mit der Zeit und vor allem mit der Bearbeitung des Booklets und der Arbeit mit den Texten hat sich mein Verständnis deutlich verbessert und ich konnte mich an die Sprache schnell gewöhnen.

Studentische Rückmeldung aus den Reflexionsschreiben

Erfolgreiche Vernetzungsaktivitäten mit anderen QLB-Standorten

Die standortübergreifende Aktualität der Thematik und die Flexibilität der im Rahmen des Teilprojektes entstandenen Maßnahme zeigt sich bereits in den Kooperationen zu den QLB-Projekten "Gießener Offensive Berufliche Lehrerbildung (GOBeL)" sowie "Campus Berufs- und Wirtschaftspädagogik. Individuum – Struktur – Qualität in der Lehrer*innenbildung für berufliche Schulen in Mecklenburg Vorpommern (Campus BWP MV)". An beiden Standorten kommen ausgewählte Maßnahmen des KoBeg-Projekts im Wintersemester 2021/22 zum Einsatz. Erste Forschungsergebnisse aus den Vernetzungsaktivitäten werden im Frühjahr 2022 erwartet.



 

Dr. Alexandra Brutzer ist Vertretungsprofessorin für das Fachgebiet Berufs- und Wirtschaftspädagogik im Institut für Berufsbildung an der Universität Kassel. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Hochschuldidaktische Lehr-Lernformate in der Lehrkräftebildung (insbesondere Studieneingangsphase), Kompetenzentwicklung in Schule und Betrieb, Berufs-/Bildungsberatung sowie Gestaltung von Übergängen erste und zweite Schwelle.


 

Manuela Stärk (M.A.) ist Projektmitarbeiterin im Fachgebiet der Berufs- und Wirtschaftspädagogik des Institutes für Berufsbildung an der Universität Kassel. Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Hochschuldidaktische Lehr-Lernformate in der Lehrkräftebildung des beruflichen Lehramtes, Heterogenität und Studierende mit beruflicher Vorbildung.