European Doctorate in Teacher Education: Transnationale Forschung in der europäischen Lehrkräftebildung : Datum:
Das Potenzial an Internationalität und Interdisziplinarität aus fünf EU-Mitgliedsstaaten bildet die Grundlage für ein länderübergreifendes PhD-Curriculum in der Lehrkräftebildung. Im "European Doctorate in Teacher Education" (EDiTE) entwickelten 15 von der EU geförderte Fellows über transnationale Forschungsprojekte in sprachlich und kulturell unterschiedlich geprägten Scientific Communities ihre wissenschaftlichen Kompetenzen und erwarben eine globale Perspektive für die Lehrkräftebildung.
Von Michael Schratz & Vasileios Symeonidis
Die Europäische Union (EU) hat im Rahmen von Horizon 2020 (Marie-Skłodowska-Curie Grant) zum ersten Mal ein hoch dotiertes Entwicklungsprojekt für ein "European Doctorate in Teacher Education" (EDiTE) vergeben: Sie finanzierte fünfzehn PhD Fellows aus zehn Ländern (Deutschland, Ecuador, Griechenland, Nepal, Polen, Serbien, Syrien, Tschechien, Ungarn, Vereinigte Staaten), die von 2016 bis 2019 an fünf Universitäten zur Lehrerinnen- und Lehrerbildung forschten: Universität Innsbruck (Projektleitung), Eötvös Loránd Universität Budapest, Universität Lissabon, University of Lower Silesia Breslau und Masaryk Universität Brünn. Die ausländischen Nachwuchsforscherinnen und -forscher lernten nicht nur Sprachen und Kulturen der Lehrkräftebildung an "ihrer" Universität kennen, sondern haben während eines mindestens einsemestrigen Aufenthalts an einer der Partneruniversitäten an ihren transnationalen Forschungs- und Entwicklungsprojekten gearbeitet.
Die von den PhD Fellows in ihren Dissertationen bearbeiteten Forschungsprojekte fördern nicht nur den Austausch in der Scientific Community, sondern setzen sich auch ländervergleichend mit aktuellen Herausforderungen der Professionalisierung im Lehrerberuf auseinander. Obwohl zahlreiche Studien darauf hinweisen, dass die Qualität der Lehrperson den wichtigsten Beitrag zum Lernerfolg der Schülerinnen und Schüler ausmacht, haben Lehrerkräfte sehr eingeschränkte Möglichkeiten ein Doktoratsstudium zu absolvieren. Auch die Zahl der Lehrkräfte, die Mobilitätsprogramme im Ausland wahrnehmen, ist im Vergleich zu anderen Disziplinen gering.
Auf Basis dieser Befunde wurde im "European Network of Teacher Education Policies" (ENTEP) zunächst das Konzept des European Teacher (siehe Publikationen) diskutiert. Darauf aufbauend wurden folgende Ziele für die Entwicklung des "European Doctorate in Teacher Education" erarbeitet:
- ein transnationales und interdisziplinäres gemeinsames Doktorandinnen- und Doktorandenprogramm für die Lehrkräftebildung zu entwickeln;
- eine engere Verbindung zwischen wissenschaftstheoretischer Erkenntnisgewinnung und professionspraktischen Erfahrungen im systemischen Bezug zu Schule und Unterricht zu schaffen;
- die internationale Forschung in der Lehrkräftebildung näher an die nationalen Bildungseinrichtungen heranzuführen;
- ein länderübergreifendes Forum für den Austausch von theoretischem Wissen und innovativer Praxis in der Lehrkräftebildung aus einer europäischen Perspektive zu bieten; und
- Standards, Verfahren und vereinheitlichende Prinzipien für die Gestaltung, Organisation und Entwicklung von Promotionsstudiengängen in der Lehrkräftebildung zu fördern.
Um den Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern optimale Voraussetzungen für die Durchführung ihrer Forschungsprojekte zu bieten und einen empirischen Praxisbezug zur schulischen Lehre und Entwicklung in den einzelnen Ländern zu gewährleisten, wurden mit lokalen, regionalen und nationalen Bildungseinrichtungen in den betreffenden Ländern Kooperationen geschlossen. Das transnationale Netzwerk der PhD Fellows wurde über gemeinsame Kurse, Sommerschulen und virtuelle Seminare sowie das Forschungssemester an einer der Partneruniversitäten bereichert.
Die ersten Absolventinnen und Absolventen haben ihre Doktoratsstudien abgeschlossen und damit das "European Doctorate in Teacher Education" erworben. Auf Basis ihrer vergleichenden Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Bildungssystemen in Theorie und Praxis bilden sie eine neue junge Scientific Community, über welche die Vernetzung von Forschungsaktivitäten der fünf Partneruniversitäten im Bereich Schule und Lehrkräftebildung sowie der Wissenstransfer im europäischen Bildungsraum intensiviert werden. Damit können wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Partneruniversitäten gemeinsam mit jungen, international vernetzten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auf höchstem akademischen Niveau an der Europäisierung und Professionalisierung der Lehrerinnen- und Lehrerbildung mitwirken.
Die Auswirkungen von EDiTE, internationale PhD-Netzwerke zur Belebung transnationaler Forschung im Bereich Lehrkräftebildung zu schaffen, haben sich inzwischen auch auf andere Kontinente ausgeweitet, wie z.B. die Gründung des "Doctoral Network of Teacher Education in Africa" (DNTEA). Zurzeit entwickelt sich die EDiTE Community weiter, indem acht europäische Universitäten in der letzten Runde von Horizon 2020 bei der EU einen Fortsetzungsantrag eingereicht haben, um die angestoßene Entwicklungsdynamik in der Internationalisierung von Doktoratsprogrammen in der Lehrkräftebildung voranzutreiben.
Für weiterführende Informationen stehen die Autoren gerne zur Verfügung.
Prof. Dr. Michael Schratz, Gründungsdekan der School of Education an der Universität Innsbruck und Projektleiter von EDiTE ist Mitglied des Auswahlgremiums der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" (QLB) und Sprecher der Jury des Deutschen Schulpreises.
Vasileios Symeonidis, PhD ist Universitätsassistent / Postdoc am Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung der Universität Innsbruck, wo er in Kooperation mit der Universität Eötvös Loránd, Ungarn, im Rahmen von EDiTE seine Dissertation abgeschlossen hat.