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Digital Leadership History: Stärkung der Lehrkräftepersönlichkeit durch Stärkung der Fachlichkeit an der Universität Trier : Datum:

Die Eignung für den Lehrkräfteberuf ist seit vielen Jahren eines der zentralen Themen bildungswissenschaftlicher Forschung. Entsprechende Verfahren zur Prüfung der Passung von Person und Beruf wurden und werden entwickelt. Aus dem Blick gerät dabei mitunter, dass auch die Fachlichkeit eine entscheidende Rolle spielt. Hier setzt das Projekt „Digital Leadership History“ an und fördert gestaltungsmotivierte Studierende, Referendare und Referendarinnen im Fach Geschichte.

Eine Person sitzt an einem Tisch und tippt auf der Tastatur eines Laptops. Im Hintergrund steht eine Person.
Die Eignung für den Lehrkräfteberuf ist seit vielen Jahren eines der zentralen Themen bildungswissenschaftlicher Forschung. © BMBF/Alexandra Roth

Von Helga Schnabel-Schüle, Ulla Lehmkuhl, Hanno Ensch, Marco Ringel, Birgit Weyand und Vera Lorenz

Um eine Eignungs- und Neigungsreflexion zu gewährleisten, startete 1999 das Projekt CCT (Career Counselling for Teachers) mit der Zielstellung, wissenschaftlich fundierte Materialien für die Laufbahnberatung angehender und im Dienst stehender Lehrkräfte zu entwickeln und über das Internet allgemein zugänglich zu machen.

In den Anfangsjahren wurde das Projekt von lehrkräftebildenden Einrichtungen aus Deutschland, Estland, Irland, Norwegen, Österreich und Spanien getragen und von der Europäischen Kommission finanziell unterstützt. Später kamen Partnereinrichtungen aus Dänemark, Portugal und der Schweiz hinzu. Seit dem Auslaufen der EU-Förderung wird das Projekt durch Beiträge von Ministerien und Hochschulen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie durch eingeworbene Projektmittel und Dienstleistungen finanziert.

Eignungsreflexion als Pflichtbestandteil der Lehramtsausbildung in Rheinland-Pfalz

CCT ist demnach eine europaweit bekannte, in europäischer Kooperation entwickelte, onlinebasierte Selbsterkundungsmöglichkeit zur Einschätzung der persönlichen Eignung und Motivation für den Beruf als Lehrkraft. In Rheinland-Pfalz sind ausgewählte Teile des CCT im Laufe des Lehramtsstudiums sowie des Vorbereitungsdienstes verpflichtend zu absolvieren. Rheinland-Pfalz bindet somit CCT in sein Konzept der Lehrkräftebildung ein und setzt damit einen Rahmen für die berufsbezogene personale und soziale Eignungsreflexion über den gesamten Studien- und Ausbildungsverlauf hinweg bis in die Berufseingangsphase.

Die Passung von Beruf und Lehrperson hat auch eine fachliche Komponente

Gegenüber dem hohen methodischen Anspruch der Teile des CCT, die sich den allgemeinen Voraussetzungen für den Lehrkräfteberuf widmen, fallen allerdings die Teile, die sich fachbezogenen Voraussetzungen widmen, deutlich ab. Die fachbezogenen Fragebögen haben nur das Interesse im Fokus, nicht aber die Eignung für bestimmte Fächer. Die Passung von Beruf und Person hat aber fraglos auch eine fachliche Komponente, denn auch die fachliche Identität gilt als wesentlicher Bestandteil der Lehrkräftepersönlichkeit.  

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„Die Passung von Beruf und Person hat aber fraglos auch eine fachliche Komponente, denn auch die fachliche Identität gilt als wesentlicher Bestandteil der Lehrkräftepersönlichkeit.“

Prof. Dr. Helga Schnabel Schüle et al.

Daher ist es schon lange ein Forschungsdesiderat, die fachliche Komponente in der Einschätzung für die Eignung zum Lehrkräfteberuf stärker zu berücksichtigen.
Bislang wurden nur für das Schulfach Mathematik durch die COACTIV-Studie, einer Ergänzungsstudie zur deutschen PISA-Untersuchung, bereits umfangreiche Forschungen zum fachlichen und fachdidaktischen Wissen von Lehrkräften und dessen Auswirkungen auf die Qualität des Unterrichts unternommen.

Digital Leadership History Eignung und Neigung für das Lehramtsfach Geschichte

Das Projekt „Digital Leadership History“ möchte am Beispiel des Fachs Geschichte einen Impuls geben, sich dieser Forschungslücke auch für andere Schulfächer anzunehmen. Hierzu werden studienfachbezogene Dispositionen geklärt und Vorarbeiten für ein elektronisches Assessment (E-Assessment) zur Reflexion der Eignung und Neigung für das Lehramtsfach Geschichte unternommen. Das Forschungsvorhaben ist im Projekt „TrigitalPro – Digitalisierungsbezogene Professionalisierung in der Lehrerbildung der Universität Trier“ angesiedelt. Das Teilprojekt greift die Expertise im Zentrum für Lehrerbildung zum Bereich Leadership als Profilmerkmal der Trierer Lehrkräftebildung auf (siehe Projekte „PerLe“ und „Perlentaucher“) und erweitert diese. „Leadership“ umfasst in diesem Verständnis die (Bereitschaft zur) Übernahme von Verantwortung für die Gestaltung und das Gelingen von Lehr- und Lern-Prozessen sowie die Schaffung der dafür notwendigen Rahmenbedingungen. Im Projekt „Digital Leadership History“ wird dieser Diagnose- und Förderansatz nun auch fachbezogen für das Fach Geschichte entwickelt und erprobt werden – phasenübergreifend in Kooperation mit zwei Studienseminaren.

Phasenübergreifende Entwicklung eines e-Assessment-Tools

Mit dem Ziel, die Studienwahl junger Menschen für das Fach „Lehramt Geschichte“ zu unterstützen und die Bedeutung der fachlichen Eignung bewusster zu machen, soll ein Online-Tool zum Self-Assessment generiert werden. Hierzu wird auf die Expertise von Peers zurückgegriffen.

Zunächst werden für das Projekt geeignete Personen identifiziert und gewonnen. Dazu gehören Masterstudierende im Fach Geschichte sowie Referendarinnen und Referendare aus Studienseminaren für das Lehramt an „Realschulen plus“ und das Lehramt an Gymnasien. Ihre Voraussetzungen für Leadership, zum Beispiel Gestaltungsmotivation und Haltung, sind dabei entscheidend. Bei der Auswahl kommen neben den Bachelornoten bereits lang erprobte und bewährte digitalbasierte Diagnosesettings wie KPSM (Kompetenzprofil Schulmanagement), Elemente aus dem Bochumer Persönlichkeitsinventar (BIP) und eigene Reflexionsinstrumente zur Anwendung. Die Masterstudierenden und Referendare beziehungsweise Referendarinnen entwickeln in begleiteten Teams hierfür fachbezogene Reflexionsfragen für die Eignung und Neigung für die Studiengänge Lehramt Geschichte. Dabei sollen sie zugleich in ihrer eigenen fachlichen Professionalität (Wissen, Können und Mindset) gefördert werden. Anschließend sollen diese Fragen von den Peers in ein digitales Tool transformiert werden, welches als Self-Assessment online für Studieninteressierte pilotiert und evaluiert wird.

Die teilnehmenden Studierenden, Referendare und Referendarinnen werden in einem Pre-Post-Design zu ihrer professionellen Entwicklung durch das Projekt befragt und interviewt. Die Studieninteressierten, die das E-Assessment in der Pilotierung durchlaufen, werden am Ende kurz befragt. Langfristig soll die Nutzung des E-Assessments systematisch evaluiert werden.

Kooperation mit Studienseminaren – Anwendung in der schulischen Praxis

In enger Kooperation mit den beiden Studienseminaren besteht hier die Chance, erstmalig ein fachbezogenes E-Assessment(tool) zur Eignung und Neigung für ein Lehramtsfach zu entwickeln. Dabei soll die Expertise von Lernenden und Lehrenden aus beiden Phasen der Ausbildung und der Professionalisierung bewusst und genutzt werden. In der Projektlaufzeit können die Referendare und Referendarinnen das Tool in ihren Oberstufenkursen an den Schulen erproben und validieren.

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Dadurch, dass die Auswahl von Studienfächern auf eine gesicherte und reflektierte Grundlage gestellt wird, erhoffen wir auch eine Reduzierung von Studienwechseln und Studienabbrüchen.

Prof. Dr. Helga Schnabel Schüle et al.

Das Tool zum Self-Assessment kann in Zukunft in der schulischen Praxis sowohl zur reflektierten Leistungskurswahl als auch in der schulischen Laufbahnberatung genutzt werden. Damit kann sowohl ein Beitrag zur Schulentwicklung als auch zur passgenaueren Studienwahl geleistet werden. Dadurch, dass die Auswahl von Studienfächern auf eine gesicherte und reflektierte Grundlage gestellt wird, erhoffen wir auch eine Reduzierung von Studienwechseln und Studienabbrüchen.  

Ein Online-Self-Assessment zur Klärung der Passung von Beruf und Person in Bezug auf die Fachlichkeit im Lehramt kann nach der Pilotierung und Evaluierung auf andere Lehramtsfächer transformiert werden und so in der Breite der Lehramtsstudiengänge zu mehr Studien- und Berufserfolg beitragen.

Helga Schnabel-Schüle ist Professorin für Neuere Geschichte und war von 2005 bis 2019 Leiterin des Zentrums für Lehrerbildung an der Universität Trier.
Ulla Lehmkuhl ist Professorin für Internationale Geschichte an der Universität Trier.
Hanno Ensch ist Leiter des Staatlichen Studienseminar für das Lehramt an Gymnasien in Trier.
Marco Ringel ist Leiter des Staatlichen Studienseminars für das „Lehramt an Realschulen plus“ in Trier.
Birgit Weyand ist Geschäftsführerin des Zentrums für Lehrerbildung und hat über Eignung und Neigung im Lehrkräfteberuf geforscht.
Vera Lorenz ist Referentin für Digitalisierung im Zentrum für Lehrerbildung und arbeitet zu „Digital Leadership
im Rahmen des Projektes „TrigitalPro“.