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Annäherung an die Berufswelt: Ko-Labs im Projekt TUB Teaching 2.0 der Technischen Universität Berlin : Datum:

Ko-Labs (Kooperationslabore) sind hochschuldidaktische Lernwerkstätten und eine neue Lernumgebung, in denen Lehramtsstudiere an der TU Berlin arbeits- und lebensweltlich orientierte Lernaufgaben für den Unterricht an (Berufs)schulen entwickeln. Dabei werden aktuelle gesellschaftsrelevante Querschnittthemen in die Aufgabenentwicklung einbezogen. Der Ausgangspunkt des Gestaltungsprozesses sind Begegnungen der Lehramtsstudierenden mit der betrieblichen Praxis ihrer späteren Schülerinnen und Schüler.

Eine junge Frau arbeitet in einem Labor. Dabei trägt sie eine VR-Brille.
Die Bildungsgänge und Ausbildungsberufe im beruflichen Schulwesen sind sehr breit gefächert. Dadurch ergeben sich besondere Herausforderungen für die Lehrkräftebildung. © BMBF/Alexandra Roth

Von Nina Langen

Ko-Labs. So lautet die Abkürzung für die im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ geförderten Kooperationslabore an der Technischen Universität Berlin im Projekt „TUB Teaching 2.0 – Innovativer Einstieg, Professions- und Forschungsorientierung im berufsbezogenen Lehramtsstudium“. Ko-Labs sind hochschuldidaktische Lernwerkstätten. Nun kann gefragt werden: Kooperationslabore wofür? Oder Kooperationen mit wem?

Weit ausholen ist hier möglich – das kurze Beschreiben ebenso. Versuchen wir Letzteres.

Lehrkräfte nähern sich der beruflichen Wirklichkeit der Auszubildenden an

Lehrkräfte in Berufsschulen unterrichten Schülerinnen und -schüler aus einem breiten Spektrum unterschiedlicher Berufsfelder. In der beruflichen Fachrichtung Ernährung und Hauswirtschaft stellt sich beispielsweise die konkrete Herausforderung, Bildungsgänge und Ausbildungsberufe aus gewerblich-technischen (zum Beispiel Hotelfachfrau und -mann), kaufmännischen und personenbezogenen Dienstleistungsberufen (zum Beispiel Hauswirtschafterin und Hauswirtschafter) sowie Produktionsberufen (zum Beispiel Fachkraft für Lebensmitteltechnik) zu berücksichtigen. Alle 23 Berufe des Berufsfelds kann eine einzelne Lehrkraft nicht en détail kennen. Und hier genau setzt die Idee der Ko-Labs an. Ko-Labs sind die Gelegenheitsstrukturen, mit deren Hilfe Lehrkräfte authentische und reale Lehr-Lernsituationen beziehungsweise Lehr-Lernarrangements für ihre Schülerinnen und Schüler erstellen können. Im Rahmen einer Kooperation mit der betrieblichen Praxis nähern sich die Lehrkräfte in den Berufsschulen als „Konstruierende“ von Aufgaben und Lehr-Lernsituationen der beruflichen Wirklichkeit der Auszubildenden an. Dazu lernen sie beruflich und lebensweltlich orientierte Arbeitsprozesse kennen und nutzen diese zur Erstellung authentischer Unterrichtsszenarien.

Berliner Ko-Labs setzen reale Lehr-Lernarrangements ko-konstruktiv mit der Praxis um

Ersetzen wir nun Lehrkräfte durch angehende Lehrkräfte und Lehramtsstudierende im Masterstudium, sind wir beim konkreten Projektteil von TUB Teaching 2.0. Kooperationslabore sind seit 2020 an der Technischen Universität Berlin Lehr-Lernformate, die den Erwerb von Professionswissen unterstützen, indem reale Lehr-Lernarrangements ko-konstruktiv gemeinsam mit Praxispartnerinnen und -partnern aus Betrieben konzipiert und erprobt werden. Ko-Labs können als Mediatoren verstanden werden, die einen Beitrag zur Theorie-Praxis-Vernetzung leisten, indem sie die Zusammenarbeit von Akteurinnen und Akteuren aus Fachwissenschaften, Fachdidaktiken und der Praxis fördern.

Herausforderung: Umgang mit dem doppelten Praxisbezug

In der universitären Ausbildung unterstützen Ko-Labs die Professionalisierung der angehenden Lehrerinnen und Lehrer, die mit einem doppelten Praxisbezug umgehen lernen müssen. Doppelter Praxisbezug deshalb, weil die betriebliche Praxis des Berufsfelds der zukünftigen Schülerinnen und Schüler ebenso relevant ist wie die Schulpraxis, die beispielsweise im Praxissemester im Master im Zentrum des Studiums steht und durch entsprechende Veranstaltungen in der universitären Lehre vorbereitet und begleitet wird. Die betriebliche Praxis kennen Studierende des beruflichen Lehramts an der TU Berlin entweder durch eine eigene Ausbildung oder, wenn keine abgeschlossene Berufsausbildung vorliegt, durch ein Betriebspraktikum, das bis zum Abschluss des Bachelorlehramtsstudiums zwar verpflichtend durchgeführt werden muss, aber im Studium nicht weiter gemeinsam in unterstützenden Lehrveranstaltungen aufbereitet wird.

Wichtig sind Ko-Labs aus Sicht der Initiatorinnen und Initiatoren, weil Studierende des beruflichen Lehramts ein Auseinanderklaffen, ein Gap zwischen den an der Universität vermittelnden Theorien und Inhalten aus Fachwissenschaft, Fachdidaktik und Bildungswissenschaft und den praktischen Anforderungen an den Schulen wahrnehmen. Die in den Ko-Labs stattfindende Vernetzung von Praxis und Theorie ermöglicht die Vernetzung von Arbeits- und Lebenswelten und überwindet den möglichen Theorie-Praxis-Gap.

Aufbereitung beruflich und lebensweltlich orientierter Arbeitsprozesse

Konkret bedeutet das, dass zu Beginn eines jeden Ko-Labs originale Begegnungen zwischen Praktikerinnen und Praktikern aus Betrieben und Studierenden vereinbart werden müssen. Vor Ort werden dann exemplarische Arbeitsprozesse identifiziert, die im Verlauf der Lehrveranstaltung ko-konstruktiv zum Unterrichtsszenario und differenzierten, handlungs- und kompetenzorientierten Lernaufgaben ausgearbeitet werden. Reflexionsschleifen mit Praxisakteurinnen und -akteuren sind die Grundlage für eine Optimierung dieser Unterrichtsszenarien.

Als besondere Nuance im Projekt werden in die konzipierten Aufgabenentwürfe vier aktuelle Querschnittthemen (Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Sprachbildung, Diagnostik) inkludiert. Das Ergebnis sind lernortübergreifende Lehr-Lernarrangements, in denen die Studierenden beruflich und lebensweltlich orientierte Prozesse für Schülerinnen und Schüler didaktisch in Form von Unterrichtsaufgaben aufbereiten.

Schaubild der Arbeitsprozesse in den Kooperationslaboren der TU Berlin bestehend aus den 4 Schritten: Auswahl eines Berufs, Entwicklung von Lernsituationen & Aufgaben, Analyse & Modifikation sowie Reflexion & Optimierung.
Ko-konstruktive Aufbereitung beruflich und lebensweltlich orientierter Arbeitsprozesse durch Begegnungen und Kooperation mit Akteurinnen und Akteuren aus der Praxis in den Ko-Labs. © Grundmann und Langen (2021)

Erprobung und Verstetigung

Im Rahmen des Projekts TUB Teaching 2.0 wird kontinuierlich empirisch untersucht, ob das Ko-Lab-Format die gewünschten positiven Effekte für die zukünftigen Lehrerinnen und Lehrer haben kann. Wenn sich eine positive Wirkung des Ko-Lab-Formats belegen lässt, ist die Verstetigung im Studienangebot der beruflichen Lehramtsstudiengänge an der TU Berlin folgerichtig.

Bislang konnte das Format in drei beruflichen Fachrichtungen sowie im Studiengang Arbeitslehre in zwei Durchgängen (2020 und 2021) erprobt werden. Aufgrund der Covid-19 bedingten Einschränkungen fanden die Begegnungen mit der beruflichen Praxis sowie die Lehrveranstaltungen in 2020 ausschließlich virtuell aber synchron statt. In 2021 konnten unter Einhaltung eines Hygienekonzepts reale Begegnungen mit Praxispartnerinnen und -partnern für das Ko-Lab im Studiengang Ernährung/Lebensmittelwissenschaft ermöglicht werden. Hier zeigte die Bilanzierung in 2021 aus Studierendensicht, dass die Einbettung des betrieblichen Praxisbezugs sowie die Feedbackschleifen als sehr positiv empfunden wurden. Als herausfordernd wird die Einbeziehung der Querschnittthemen gesehen. In der Gesamtschau des aktuellen Studienangebots der beruflichen Lehramtsstudiengänge wird die Ko-Lab Veranstaltung als „große Verbesserung“ und gleichwohl als zeit- und arbeitsintensiv bezeichnet. Einblicke in die anderen drei parallel durchgeführten Ko-Labs zeigen, dass der Erfolg, operationalisiert als Nutzen für die Entwicklung und Erstellung von Lernaufgaben, maßgeblich von der Qualität der Interaktion mit den Praxispartnerinnen und -partnern abhängt. Anscheinend ist dafür eine Vorbereitung der Studierenden auf den Kontakt mit den Personen aus der Praxis existentiell.

Prof. Dr. Nina Langen ist operative Projektleiterin des Projekts TUB Teaching 2.0 und hat das Ko-Lab-Konzept federführend mit ihrem Team des Fachgebiets Bildung für Nachhaltige Ernährung und Lebensmittelwissenschaft an der TU Berlin entwickelt.