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Workshop: Quo vadis Berufliche Lehrerbildung? Lehrerinnen und Lehrer für berufliche Schulen ausbilden: Herausforderungen, Ansatzpunkte, Zwischenergebnisse (03/2021)

Am 2. und 3. März 2021 richtete die Universität Osnabrück den programmbegleitenden Workshop aus, der das berufliche Lehramt in den Fokus nahm. Rund 120 Teilnehmende tauschten sich bei der digitalen Veranstaltung aus.

Das Osnabrücker Schloss ist Sitz der Verwaltung der Universität und Tagungsstätte der Veranstaltung
Das Osnabrücker Schloss ist Sitz der Verwaltung der Universität. © Universität Osnabrück/Jens Raddatz

Die berufsbildenden Schulen sind mit besonderen Herausforderungen konfrontiert: In der beruflichen Lehreramtsausbildung fehlen Studierende sowie Absolventinnen und Absolventen, dazu kommen zum Beispiel die heterogene Studierendenschaft oder spezifische fachliche, fachdidaktische und (berufs-) pädagogische Anforderungen, die den dynamischen Veränderungen des Arbeitsmarktes, der Politik und der Gesellschaft unterliegen.

Der Programmworkshop nahm diese Themen aus verschiedenen Perspektiven auf und bot eine Plattform zum Austausch, zur Diskussion und zur Vernetzung der Akteure in der Beruflichen Lehrkräftebildung.

Im Nachgang zur Veranstaltung erschien die Fachbroschüre „Perspektiven zur beruflichen Lehrerkräftebildung“, die auf den Ergebnissen dieses Workshops basiert.
Die Broschüre finden Sie rechts unter „Fachpublikation“ zum Download und zur Bestellung.

Verlauf am Dienstag, 2. März 2021:

Im Vorfeld zur offiziellen Eröffnung der Veranstaltung wurde den Nachwuchswissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen Raum zur Vorstellung ihrer Arbeiten gegeben. Beim Young Researcher Meeting „Berufliche Lehrerbildung“ präsentierten sechs Studierende und Promovierende beispielhaft die Poster zu ihren wissenschaftlichen Qualifizierungsvorhaben, die bei den über 50 digital zugeschalteten Gästen auf lebhaftes Interesse stießen. Alle 28 eingereichten Poster konnten während der gesamten Laufzeit des Programmworkshops in einem Posterwalk erkundet werden.

Am Mittag eröffnete die Präsidentin der Universität Osnabrück, Prof. Dr. Susanne Menzel-Riedl, die Tagung mit rund 120 Teilnehmenden.
In ihrer Ansprache zeichnete sie die verschiedenen Studienmodelle in Osnabrück auf. 
Zunächst stellte sie den Bachelorstudiengang "Berufliche Bildung" vor, an den sich der Masterstudiengang "Lehramt an berufsbildenden Schulen" anschließen kann. Als  berufliche Fachrichtung, die in Kombination mit einem allgemein bildenden Unterrichtsfach studiert wird, bietet die Universität unter anderem Gesundheitswissenschaften, Pflegewissenschaften und Sozialpädagogik an. Das grundständige Studienangebot mit den Fachrichtungen Elektrotechnik, Metalltechnik und Ökotrophologie wird in Kooperation mit der Hochschule Osnabrück durchgeführt. Für Sozialpädagogik können auch Quereinsteiger einen Masterstudiengang absolvieren.

Im Anschluss folgte mit „Blitzlichter“ aus dem Studienalltag eine Videoeinspielung, in der sich vier Studierende des Beruflichen Lehramts in moderierten Interviews vorstellten. Ihre unterschiedlichen Biografien spiegelten sich in den verschiedenen Studienmodellen wider. Herausforderungen im Quermaster-Studiengang wurden ebenso angesprochen wie Probleme der Organisation in den einzelnene Fachbereichen im grundständigen Studium und die eigene Berufstätigkeit vieler Studierender parallel zum Studium. Auch die zeitliche Koordination der Lehrveranstaltungen im kooperativen Studiengang wurde als verbesserungswürdig geschildert. Der Film gab den Impuls für einen regen Austausch im Auditorium.

„Netzwerke sichtbar machen“ war der Aufruf an die Hochschulen, Themen- und Arbeitsschwerpunkte ihrer Projekte in einer virtuellen interaktiven Postersession zu präsentieren und zu diskutieren. Alle 22 Poster, darunter auch Vorstellungen von Projekten aus dem Beruflichen Lehramt, die nicht über die  "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" gefördert werden, standen bis zum Ende der Veranstaltung zum virtuellen Besuch und Gespräch mit der Autorenschaft bereit.

Eine schematische Grafik zeichnet die Vernetzungen der geförderten Hochschulen untereinander auf.r
Die geförderten Hochschulen in der "Qualitätsoffensive Lehrerbildung" haben vielfältige Schnittpunkte in den gemeinsamen Schwerpunktthemen (schematische Darstellung) © Kristina Trampe

Der Nachmittag widmete sich mit Open Space Leitfragensammlung in den Arbeitsgruppen drei Schwerpuntthemen in der Beruflichen Lehrkräftebildung. In der Arbeitsgruppe 1 wurden die Rekrutierung von Studierenden und die Stabilsierung der Studienverläufe in den Fokus genommen. In einem lebhaften Austausch berichteten die Teilnehmenden von ihren Erfahrungen und Lösungsansätzen. Einigkeit herrschte darin, die Öffentlichkeitsarbeit weiter auszubauen, um Interesssierte in das Studium zu locken und das Image des Berufsbildes zu verbessern.
Die zweite Arbeitsgruppe beschäftigte sich mit der Strukrurentwicklung. Es wurde die Bedeutung von Kooperationen und deren Verstetigung herausgearbeitet, mit dem Ziel, gelingende Modelle zu entwickeln. Als wichtig wurden dabei phasen- und institutionsübergreifende Maßnahmen identifiziert unter Beteiligung von Fachwissenschaften außerhalb der Beruflichen Lehrerbildung.
Den größten Zulauf im Auditorium erhielt die dritte Arbeitsgruppe zu Fragen der Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in der Beruflichen Lehramtsausbildung. Hier standen die gewerblich-technischen Studiengänge im Fokus. In den Fachwissenschaften, Bildungswissenschaften und Fachdidaktiken wurde mehr Kooperation und Lehrerprofessionalisierung eingefordert. Studienprogramme müssten optimiert werden, anzustreben sei ein "gemeinsames Dach" für eine standortübergreifende Lehre.

Mit der Podiumsdiskussion zu qualitativen und quantitativen Bedarfen der Praxis wurde der erste Tag abgeschlossen. Unter der Moderation von Prof. Dr. Thomas Bals, Vizepräsident der Universität Osnabrück und Professor für Berufspädagogik, diskutierten:
Dorothee Apfeld, stellvertretende Seminarleiterin (Studienseminar Oldenburg)
Uwe Knaak, Fachleiter für Metalltechnik (Studienseminar Osnabrück)
Ralf Korswird, Schulleiter der BBS Pottgraben (Osnabrück) und Mitglied des Vorstandes der Niedersächsischen
Direktorenvereinigung Berufsbildender Schulen e.V..

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Es werden zu wenig Studierende für das berufliche Lehramt ausgebildet, besonders in den Mangelfächern Wirtschaftsinformatik oder Sozialkunde und Politik

Ralf Korswird, Schulleiter der BBS Pottgraben

Herr Korswird schätzt die gute Zusammenarbeit mit der Universität Osnabrück und dem Studienseminar, bemängelte jedoch zu geringe Studierendenzahlen für das Berufliche Lehramt. Es gäbe keinen Nachwuchs für auscheidendes Lehrpersonal, daher seien Quereinsteiger gerne gesehen. Frau Apfeld vom  Studienseminar Oldenburg bestätigte, dass Seiten- und Quereinsteiger eingesetzt werden. Sie beschrieb die Problematik, wenn Schule und Hochschule räumlich zu weit voneinander entfernt sind. Auch der Kollege Herr Knaak aus Osnabrück sprach sich für eine regionale Verbundenheit in der Ausbildung aus. Zur Rekrutierung von Studierenden ergab sich reges Gespräch, bei dem auch die Rolle der Länder und die verschiedenen Studienordnungen angesprochen wurden.

Es wurde mehr Werbung für das Berufsbild seitens der Länder eingefordert, ebenso mangele es an Praxisphasen während des Studiums. Nicht alle Studierenden würden später auch als Lehrkräfte tätig werden, so dass die aktuelle Studierendenanzahl noch kein Garant für künftiges Lehrpersonal darstelle. Herr Knaak betonte, dass sich Seiten- und Quereinsteiger aufgrund ihrer beruflichen Erfahrungen zu guten Lehrkräften entwickeln könnten. Dabei sei wichtig, wie sie im Kollegium eingebunden würden. Frau Apfeld wies auf Rhetorik- und Didaktikkenntisse hin, die unbedingt vermittelt werden müssten.
 

Verlauf am Dienstag, 2. März 2021:

Der zweite Veranstaltungstag startete mit der Key-Note 1: „Die Bedeutung der Beruflichen Lehrerbildung aus Sicht der Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen“, den Tabea Udema, Unternehmerverbände Niedersachsen e.V., hielt. Aus Sicht der Unternehmen identifizierte sie sieben Handlungsfelder, um dem Lehrkräftemangel zu begegnen:

  • Rahmenbedingungen verbessern
  • Räumliche Ausstattung
  • Kommunikation von Landesbehörden und Hochschulen
  • Heterogenität der Schülerschaft
  • Praxisrelevanz
  • Fort- und Weiterbildung
  • Digitale Bildung

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Schulen, Hochschulen und Studiensemiare sollten gut vernetzt sein

Tabea Udema, Unternehmerverbände Niedersachsen e.V.

Um in der Wirtschaft 4.0 wettbewerbsfähig zu bleiben, brauche es in der Ausbildung von künftigen Berufsschullehrern und -lehrerinnen innovative Ausbildungsgänge und Fortbildungen im IT-Bereich. Diese sollten universitär durchgeführt werden. Ebenso brauche es innovative Konzepte für Inklusion und Heterogenität. Wünschenswert sei ein Netzwerk Schule-Wirtschaft zur Rekrutierung von jungen Menschen für das Berufliche Lehramt. Auch Frau Udema wünschte sich mehr Öffentlichkeitsarbeit und signalisierte die Bereitschaft der Arbeitgeberverbände, daran mitzuwirken.

Blick auf ein Notebook mit der laufenden Veranstaltung
Tabea Udema sprach beim Programmworkshop "Quo vadis Berufliche Lehrerbildung?" für die Unternehmerverbände Niedersachsen e.V. © Kristina Trampe

In der Key-Note 2: „Die Bedeutung der Beruflichen Lehrerbildung aus Sicht der betrieblichen Ausbilderinnen und Ausbilder“ schilderte Prof. Dr. Barbara Kreis-Engelhardt, Bundesverband Deutscher Berufsausbilder e.V., die Auswirkungen der Coronapandemie auf die Ausbildung, das Bildungspersonal und die Kammern. Dabei thematiserte sie den Aspekt der Emotionen und sah auch Chancen für innovative Konzepte im Wandel der Generationen: "Wir müssen an den Bedürfnissen der Auszubildenden ansetzen". Auch sie forderte viele Netzwerke in der beruflichen Ausbildung.

In der anschließenden Vorstellung der Ergebnisse aus den Arbeitsgruppen durch die
jeweiligen Moderierenden
wurden die Diskussionen aus den Arbeitsgruppen des Vortages zusammengefasst und dem Plenum vorgestellt. Die ausgetauschten Erfahrungen und die erarbeiteten Lösungsansätze weckten das Bedürfnis nach weiterer Vertiefung, so dass künftige Treffen zur Vernetzung der Akteure in der beruflichen Lehrkräftebildung konkret vorgeschlagen wurden. Als akute Themen wurden empirische Studien zum Studienverlauf und zur Kompetenzentwicklung sowie eine vernetzte Öffentlichkeitsarbeit und die Rekrutierung von Studieninteressierten genannt. Dazu stellte die Universität Osnabrück den im QLB-geförderten Projekt entwickelten LBS-Navigator vor, der großes Interessse bei den Teilnehmenden hervorrief.

Nach der Mittagspause verteilten sich die Teilnehmenden in drei jeweils parallel stattfindende Themenspezifische Workshops „Lehrerinnen und Lehrer für berufliche Schulen ausbilden: Herausforderungen, Ansatzpunkte, Zwischenergebnisse“. Dabei wurden folgende Themen behandelt:

  • Inhalte der Lehrerbildung
  • Studienorgansisation
  • Vernetzung
  • Zielgruppen
  • Praxisbegleitung

In allen Workshops kam es zu einem regen Austausch zu den vorgestellten Konzepten und Lösungsansätzen.
Wie in den vorangegangenen Formaten wurden Handlungsbedarfe identifiziert, die das Studium des beruflichen Lehramts attraktiver machen und mehr Interesse für den Nachwuchs wecken können.

Eine Übersicht der Workshops steht im rechten Bereich zum Download.

Im abschließenden Vortrag "Quo vadis Berufliche Lehrerbildung? Herausforderungen der Beruflichen Lehrerbildung für die Hochschulen" referierte Prof. Dr. Dietmar Frommberger, Professor für Berufs- und Wirtschaftspädagogik an der Universität Osnabrück zu folgenden Themenkomplexen:
Lehrkräfte an berufsbildenden Schulen: Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen, Erwartungen
Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften an berufsbildenden Schulen: Strukturmerkmale, Weiterentwicklungen  und Reformdiskurse, Abschlussbemerkungen.

Der Vortrag steht im Downloadbereich zur Verfügung.

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Der Bedarf an wissenschaftlichen Analysen zu den Anforderungen, Bewältigungsmöglichkeiten, erforderlichen Kompetenzen sowie curricularen Umsetzungsmöglichkeiten ist weiterhin hoch.

Prof. Dr. Dietmar Frommberger, Universität Osnabrück

Durch ein Fenster blickt man auf den Innenhof des Osnabrücker Schlosses.
Der programmbegleitende Workshop der Universität Osnabrück nahm Schwerpunktthemen in der Beruflichen Lehrkräftebildung in den Blick. © Kristina Trampe